Kritik zu Memory Wars – Elizabeth Loftus und die Macht der Erinnerung
Dokumentarfilm über die Psychologin Elizabeth Loftus, die über den Wahrheitsgehalt von Erinnerungen forscht und als Sachverständige im Gericht gearbeitet hat
Bei Prozessen gegen Michael Jackson, Ghislaine Maxwell und auch viele weniger prominente Angeklagte saß Elizabeth Loftus als Sachverständige im Saal. Insgesamt weit über zweihundert Mal. Beauftragt wurde sie von der Verteidigung. Denn die heute emeritierte Psychologie- und Jura-Professorin ist spezialisiert auf Fragen der menschlichen Erinnerung, die nach ihren Forschungen als »beeinflussbar« und »formbar« (suggestible and malleable) qualifiziert ist – also auch durch gezielte Fragetechniken zu manipulieren.
Loftus sieht sich im Dienst von Wissenschaft und Wahrheit, über Schuld habe sie nicht zu bestimmen, sagt sie. Dass sie dabei – ebenfalls durch eigene Experimente unterfüttert – die These vom repressed memory (also durch frühkindliche Traumata unterdrückte, später therapeutisch reaktivierte Erinnerungen) ablehnt, brachte sie in den Clinch mit vielen, die gegen sexuellen Missbrauch kämpfen. Zusätzlicher Gegenwind blies, als sie nach gründlicher Überlegung (und gegen die eigene Feigheit, sagt sie) einen Auftrag der Verteidigung von Harvey Weinstein annahm.
Die psychologiehistorischen »Memory Wars – Elizabeth Loftus und die Macht der Erinnerung« haben schon einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Doch der Titel führt hier auf die falsche Spur: Denn der Dokumentarfilm von Hendrik Löbbert positioniert sich ganz als empathisches Porträt, das (ohne verbalen Kommentar) mit einer stark gewichteten Montage neben ausführlichen Erzählungen und Stellungnahmen der Protagonistin Gegenpositionen im Wissenschaftsstreit nur in stark zerschnipselten Archivstücken auftreten lässt. Oder als Chor, wenn Loftus in einer starken Szene ihr zugesandte fanatisierte Schmähbriefe verliest. Fast manipulativ sogar wirken dramatisierend einmontierte harte Befragungen ihrer Person im Gerichtssaal. Und wenn dann durch die vor der Kamera inszenierte Offenbarung einer seelischen Verletzung aus Loftus' eigener Kindheit zusätzliche Emotion in den Film kommt, ist es paradoxerweise nur die starke Persönlichkeit seiner Protagonistin, die diesem noch ausreichend Erdung gibt.
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