LUCAS – Internationales Festival für junge Filmfans

Auf sich allein gestellt
»Bulado«

»Bulado«

Dramen über jugendliche Einzelkämpfer, die sich ihren Platz in einer komplexen und schwierigen Welt erobern müssen, beherrschten LUCAS – Internationales Festival für junge Filmfans in Frankfurt 

Schon der Eröffnungsfilm »The Reason I jump« (USA/GB 2020) setzte den Ton für die 44. LUCAS-Ausgabe. Der Dokumentarfilm über autistische Jugendliche folgt dem Buch »Warum ich euch nicht in die Augen schauen kann« von Naoki Higashida, einem jungen japanischen Autisten, der mit 13 Jahren seine abgeschlossene Welt in Textform festhielt und dadurch vielen Menschen die autistische Wahrnehmung zugänglich machte. Eine Offenbarung beispielsweise für die Mutter von Amrit in Indien, die mit ihrer Tochter in der Doku porträtiert wird und erzählt, dass sie bis zum Erscheinen des Buches ihr Kind nicht verstanden hatte. Der Film übernimmt Zitate des jungen Autors und schafft so den Zugang zu den jugendlichen Autisten, die er begleitet. Ein mutiger Auftakt für ein Festival, das auch jüngere Besucher im Blick hat, denn der Film von Jerry Rothwell war erst ab 14 Jahren empfohlen. Bestätigt wurde die Wahl allerdings eine Woche später bei der Preisverleihung durch die zwei Auszeichnungen die The Reason I jump erhält, den »MOZAIK Bridging The Borders«-Award und den Preis für eine außergewöhnliche cineastische Leistung.

Im Wettbewerbsprogramm waren den kleineren Zuschauer:innen die Kurzfilme vorbehalten, die wie immer bei LUCAS zu den Highlights gehören. Herausragend »Mum is Pouring Rain« (Hugo de Faucompret, F 2021), ein halbstündiger Animationsfilm, der von einer depressiven Mutter erzählt, die ihre Tochter zur Oma schickt, während sie in einer Klinik regeneriert. In warmen Farben und mit originellen Figuren erzählt, folgen wir der kleinen Jane in der Sorge um ihre Mutter bis zu einem gemeinsamen fröhlichen Weihnachtsfest unter freiem Himmel. Thema und Umsetzung bewertete die LUCAS-Jury mit dem Preis für den besten Kurzfilm. Kinder, die im Stich gelassen werden und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, bestimmten die meisten Geschichten in diesem Jahr. Sie spiegeln nicht von ungefähr die Last, die junge Menschen weltweit tragen müssen und die sie ganz allein zu lösen versuchen. Die 11-jährige Kenza sucht in Buladó (Eché Janga, NL 2020) einen Weg zu ihrer verstorbenen Mutter. Ihr Vater ist ihr als rational denkender Mensch keine Hilfe, denn sie fühlt sich zunehmend dem spirituellen Erbe des Großvaters verbunden. Ein Naturschauspiel aus der Karibik, mit einem wütenden und traurigen Mädchen, das es schafft, zwischen der Welt des Vaters und den Geistern des Opas seinen Platz zu finden. Ganz ohne Beistand muss sich der 10-jährige Mica im gleichnamigen Film von Ismaël Ferroukhi (F/MA 2020) durchs Leben schlagen. Er wird von seiner Familie nach Casablanca zur Arbeit in einen noblen Tennisclub geschickt und lebt dort ohne jegliche emotionale Zuwendung in einer schäbigen Hütte. Eine Tennislehrerin ist es schließlich, die ihm einen Ausweg aus seiner Einsamkeit und Armut weist, aber auch dieser Weg ist mehr als steinig. Mica erhielt folgerichtig den ECFA-Preis, den »MOZAIK Bridging The Borders«-Award und eine lobende Erwähnung der LUCAS-Jury. Diese Hauptjury ist nach wie vor paritätisch zur Hälfte mit Kindern und Erwachsenen besetzt, und ihre Wahl für den besten Langfilm fiel diesmal auf die ungewöhnliche Stop-Motion-Produktion »Even Mice Belong in Heaven« von Denisa Grimmová und Jan Bubeníček (CZ/F/PL/SK 2020). Ein Puppentrickfilm, der ganz aus der tschechischen Tradition der Trickfilme von Jiri Trnka der 60er Jahre heraus entstanden ist. Maus Whizzy und ihr Fressfeind Fuchs Whitebelly treffen sich nach ihrem Ableben im Himmel wieder und werden unzertrennliche Freunde, denn hier oben sind die alten Feindschaften nivelliert. Fragen nach Wiedergeburt oder bösem Karma sind existenzielle philosophische Debatten, die geführt werden und die den jungen Zuschauer:innen einen ironischen Blick auf das Jenseits gestatten, in dem ein alter weiser Ziegenbock über die Tiere wacht. Auch dieser Festivalbeitrag, der vom philosophischen Thema her eher für ältere Kinder geeignet ist, war keine leichte Kost.  

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