Kritik zu Pink Taxi

Trailer OmU © Flying Moon

2009
Original-Titel: 
Pink Taxi
Filmstart in Deutschland: 
03.03.2010
L: 
84 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Uli Gaulke (»Comrades in Dreams«) begleitet drei Taxifahrerinnen in Moskau, die ausschließlich »rosa« fahren, soll heißen: Frauen als Kundinnen haben

Bewertung: 3
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Bekanntermaßen ist die orthodoxe Kirche eher freigiebig, was das Besprühen profaner Gegenstände mit Weihwasser angeht. Nicht nur Menschen und Tiere lassen sich segnen, sondern auch Kochgeschirr und Computer. Oder ein Taxi, wie es zu Beginn von Uli Gaulkes Film ein Priester mit Wasserwedel und Weihrauchschwenker macht. Das Auto ist knallrosa lackiert, eines von insgesamt 22 solcher auffälligen Gefährte, die von der Moskauer Frauentaxifirma »Pink Taxi« betrieben werden. Am Steuer sitzen nur Frauen, und auch auf der Rückbank dürfen nur in seltenen Ausnahmen und mit weiblicher Begleitung auch Männer mitfahren.

Marina, Alla und Viktoria sind drei der Taxistas, alle drei gestandene Frauen mit schon fast erwachsenen Kindern und alleinstehend. Ein Ehemann ist am Suff gestorben, ein anderer hat sich nach dem Einbruch der Marktwirtschaft erst einen Jeep gekauft und dann auch auf amourösem Gebiet neues Terrain erobert. Ganz freiwillig sind die Frauen also nicht unterwegs. Doch auch wenn sie auf Männer konkret nicht gut zu sprechen sind, nehmen diese nicht nur beim gemeinsamen Datschenabend den größten Teil der Gespräche und Träume ein. Westliche Vorurteile bezüglich russischen Weiblichkeitswahns und Kosmetiksucht werden dabei voll bestätigt.

Das reale Leben der Frauen bestimmen die zu ernährenden Kinder, mangelnde Rubel und lange Schichten. Der Abstand zwischen Führersitz und Rückbank spiegelt anschaulich die soziale Spaltung im postsowjetischen Russland. Während die Fahrerinnen nach der Schicht in enge Wohnungen an dreckigen Fluren zurückkehren, gehören ihre Kundinnen meist zum neuen Geldadel: Es sind Anwältinnen, Vertreterinnen von Kosmetik- und Unterwäschefirmen auf dem Weg zur Dienstreise, einmal auch eine junge Erdöl-Erbin, die vor frischem Liebesglück fast platzt. Dabei wird fleißig kommuniziert zwischen vorn und hinten, so übernehmen die Protagonistinnen und ihre Gäste klug konzipiert selbst einen Teil der Erkundungsarbeit, die gemeinhin dem Filmemacher obliegt.

Der Dokumentarfilmer Uli Gaulke hat sich nach seinem Debütfilm »Havanna mi Amor« (2000) mit »Heirate mich« und »Comrades in Dreams« als aufmerksamer und einfühlsamer Beobachter menschlicher Träume und Leidenschaften ausgewiesen. Auch »Pink Taxi« zeichnet sich durch einen intimen wie unaufdringlichen Blick auf seine Heldinnen aus und kommt dabei ganz ohne hektische Wackelbilder aus. Da offenbar meist nachts (was schöne Stadtansichten liefert) und an Sonntagen gedreht wurde, wirken die eigentlich stauverseuchten Straßen der russischen Hauptstadt erstaunlich geräumig. Leider bleibt bei dem starken Gewicht auf das Menschliche der geschäftliche Hintergrund der Unternehmung allzu schwach ausgeleuchtet: Wo kommen die Kundinnen her? Wie ist das Geschäft organisiert? Wohin gehen die Einnahmen? Fragen, die nahe liegen und beschäftigen, aber im Film keine Antwort finden. So steht das Tun der Frauen eigenartig im leeren Raum, und ihr Gerede fängt nach einer Weile an, eher redundant in sich selbst zu kreisen.

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