Kritik zu Official Secrets

© Entertainment One

Gavin Hoods Whistleblower-Geschichte aus der Zeit der Vorbereitung zum Irak-Krieg enthält geradezu unangenehm viele Bezüge zur Gegenwart

Bewertung: 3
Leserbewertung
3
3 (Stimmen: 1)

Die derzeitige Impeachment-Verhandlungen gegen Donald Trump haben erneut gezeigt, dass die Demokratie nur so stark ist wie ihre Whistleblower. Das politische System kann sich nur dann gegen den Amtsmissbrauch ihrer gewählten Regierungsvertreter wehren, wenn es Menschen innerhalb des Machtapparates gibt, die das eigene Gewissen über die Loyalität zu ihrem Arbeitgeber stellen. Das Kino hat sich von Anfang an für diese renitenten Helden interessiert. In Sidney Lumets »Serpico« (1973) zog Al Pacino als aufrechter Cop gegen den korrupten Polizeiapparat ins Feld. In Michael Manns »The Insider« (1999) deckte Russell Crowe die Vertuschungspolitik der amerikanischen Tabakindustrie auf. Oliver Stones »Snowden« (2016) und Laura Poitras »Citizenfour« (2014) setzten sich im Spiel- und Dokumentarfilmformat mit dem prominentesten Whistleblower unserer Zeit auseinander. Nun lenkt Gavin Hood mit »Official Secrets« die Aufmerksamkeit auf eine engagierte Geheimnisverräterin, die bereits zehn Jahre vor Snowden die illegalen Machenschaften der NSA im Zuge des Irak-Kriegs öffentlich gemacht hat.

Katharine Gun (Keira Knightley) arbeitet für die staatlich britische Abhöragentur GCHQ, als am 31.1.2003 die E-Mail eines NSA-Mitarbeiters in ihrem Posteingang landet. Darin werden die britischen Kollegen aufgefordert, kompromittierendes Material über die UN-Abgeordneten von Angola, Kamerun, Chile, Bulgarien und Guinea zu sammeln. Mit den Informationen sollen die Parlamentarier unter Druck gesetzt werden, damit sie dem US-Antrag für einen Einmarsch in den Irak zustimmen.

Fast eine Million Menschen ziehen in London gegen den Krieg auf die Straße, und auch Katharine glaubt nicht an die Mär der von Saddam Hussein gehorteten Massenvernichtungswaffen. Sie leitet die brisante E-Mail an die Presse weiter, wo der Reporter des »Observer« Martin Bright (Matt Smith) seine Vorgesetzten erst von der Authentizität des Materials überzeugen muss. Als der Artikel endlich erscheint, stellt sich Katharine schon bald den Behörden. Der engagierte Menschenrechtsanwalt Ben Emmerson (­Ralph Fiennes) übernimmt ihre Verteidigung mit einer riskanten Strategie: Er will die Illegalität der britischen Kriegsbeteiligung nachweisen und damit den Geheimnisverrat rechtfertigen.

Mit »Official Secrets« zeichnet Gavin Hood (»Tsotsi«) ein konventionelles, aber grund­solides Heldinnenporträt der Whistle­blowerin, die sich als Geheimdienstangestellte ihrem Volk und nicht der britischen Regierung verantwortlich sah. Keira Knightley zeigt sich an heroischen Posen wenig interessiert und macht die Selbstzweifel und Überforderungen transparent, die mit einer solchen weitreichenden Entscheidung einhergehen. Im Hintergrund der couragierten Protagonistin erweckt Hood das politische Klima jener Jahre zum Leben, in denen mit fadenscheiniger Legitimierung ein Krieg vorangetrieben wurde, dessen fatale Folgen bis in die heutige Gegenwart hineinwirken.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt