Kritik zu El Baño del Papa – Das große Geschäft

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Im Jahr 1988 startete Papst Johannes Paul II. eine Südamerikareise im uruguayanischen Melo. Enrique Fernández und César Charlone erzählen darüber eine Geschichte, die sicherlich nicht wahr, aber schön ist

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Melo, ein Kaff irgendwo im Nordosten Uruguays, nahe der brasilianischen Grenze. Beto (César Troncoso) ist einer jener Verlierer, die sich auch in schlechten Zeiten an ihre Illusionen klammern. Er träumt von einem Motorrad, um seine Schmuggeltouren nicht mehr mühsam mit dem klapprigen Fahrrad bewältigen zu müssen: Im Auftrag von Geschäftsleuten seiner Heimatstadt besorgt Beto im benachbarten Brasilien all die Waren, die es in Melo nicht gibt, und lebt dabei in ständigem Konflikt mit dem korrupten und schikanösen Zollinspektor Meleyo (Nelson Lence). Seine Botengänge bringen gerade genug ein zum Leben für die kleine Familie; für eine akademische Ausbildung der Tochter Silvia (Virginia Ruiz) allerdings reicht es nicht.

Doch wo die Not groß ist, da zeigt sich Rettendes auch. Unversehens tun sich für das gottverlassene Nest und seine Bewohner himmlische Perspektiven auf: Papst Johannes Paul II. macht auf seiner Südamerikareise in Melo Station, und die Medien verheißen einen Besucherstrom. Fünfzigtausend Brasilianer werden erwartet, und die wollen mit Tortillas, Würsten und Backwerk versorgt sein. Wo ordentlich gespeist wird, da regen sich auch andere menschliche Bedürfnisse, denkt sich Beto und plant ein Geschäft mit dem Geschäft. Geld stinkt nicht, das wussten schon die Römer. Und so soll eine gebührenpflichtige öffentliche Toilette Beto endlich den ersehnten Wohlstand bescheren. Nach allerlei komplizierten Materialbeschaffungsaktionen, nach Probesitzen und Zeitnahme – Frau Carmen (Virginia Méndez) und Tochter reichen das Papier – kann das Bauwerk in Betrieb genommen werden und der Papst kommen...

Enrique Fernández und César Charlone, die Autoren und Regisseure dieser internationalen Koproduktion, bewegen sich in ihrem Debüt auf sicherem Terrain. Der Kurz- und Dokumentarfilmer Fernández stammt aus Melo, er kennt die Menschen und Milieus, von denen er erzählt. Charlone, geboren in Montevideo, hat als Kameramann unter anderem bei »City of God« (2002) und »Die Stadt der Blinden« (2008) mitgearbeitet. Offensichtlich von den Fahrradsequenzen in »Kuhle Wampe« von Brecht und Slatan Dudow (1932) oder den »Fahrraddieben« von Vittorio de Sica (1948) inspiriert, legt der Film zu Beginn ein furioses Tempo vor. Verfolgt von der Polizei liefern sich die Schmuggler ein regelrechtes Radrennen. Ein Motiv, das von den Regisseuren wiederholt bemüht wird. Denn die mit viel Aufmerksamkeit für Details erzählte Geschichte quietscht doch bald wie Betos Fahrradkette und lebt über weite Strecken von familiären Nebenkriegsschauplätzen. Die ineinander montierten Dokumentar- und Spielsequenzen vom Papstbesuch werden dagegen am Ende eher lieblos angefügt. »El Baño del Papa« weiß dafür mit opulenten Bildern zu entschädigen. Denn die Schmuggelfahrten zwischen Uruguay und Brasilien geben immer wieder einen Anlass für grandiose Landschaftspanoramen her – Fernández und Charlone machen davon reichlich Gebrauch.

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