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2021
Original-Titel: 
Trümmermädchen – Die Geschichte der Charlotte Schumann
Filmstart in Deutschland: 
24.03.2022
L: 
122 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Oliver Kracht will mit einem inhaltlich und formal neuen Ansatz von den Nachkriegsjahren erzählen: in einem »Fräuleinkurs« exploriert eine Gruppe junger Frauen Identitäten jenseits der festgelegten Rollenbilder

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Der Zweite Weltkrieg ist vorbei. Deutschland, 1946. Nicht nur die Städte liegen in Trümmern. Auch die Seelen der Überlebenden müssen neu zusammengesetzt werden. Häufig widmen sich Filme den Traumata der Soldaten, der Heimkehrer. Denkt man an die Trümmerfrauen, steht meist der Wiederaufbau, die Restauration eines Landes im Zentrum, der dann bald die Erfolgsgeschichte BRD folgen sollte. 

Das Narrativ der Trümmerfrauen nun mit einer Geschichte der weiblichen Emanzipation und der sexuellen Revolution zu verbinden, ist auf dem Papier eine grandiose Idee. Krieg wird auch als psychosoziale Disruption verstanden. Charlotte (Laura Balzer) ist schwanger und sucht verzweifelt die Schauspielerin Gloria Deven (Valery Tscheplanova) auf, die statt auf der großen Bühne zu stehen, einen »Fräuleinkurs« anbietet. Was wie ein Verführungskurs beginnt, wird zu einer feministischen Kämpfergruppe, die gemeinsam das weibliche Leid durchschreiten – das nicht erst der Krieg mit sich gebracht hat.

Die Schauspielerin will ihren Schü­ler*innen eine Freiheit eröffnen, in der man auch etwas einfordern kann vom anderen Geschlecht und sich nicht auf ein Anhängsel und sexuelles Objekt reduzieren lässt. Da wird über die Kraft der Möse philosophiert, Masturbation als revolutionäre Praxis ausgelebt und gemeinsam eingeübt, wie man Männer durch selbstbewusste Verführung an den Haken nimmt. 

Regisseur Oliver Kracht legt mit »Trümmermädchen« seinen Abschlussfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg vor. 2019 gab es mit dem Thomas Strittmatter-Preis für das beste unverfilmte Drehbuch große Vorschusslorbeeren. In der Jurybegründung wurde die Radikalität der Geschichte gelobt, mit der weibliche Rollenbilder vorgeführt werden. Nur gelingt es nicht, diesem geschriebenen feministischen Furor eine angemessene filmische Form zu geben. 

Statt seine Heldinnen die Radikalität der Bilder bestimmen zu lassen, ist in nahezu jeder Szene der Gestaltungswille des Filmemachers zu spüren. Da will jemand zeigen, was er kann. Somit ist es vor allem Oliver Krachts Stimme, die den Film beherrscht und »Trümmermädchen« zu einer zweifelhaften Bilderschlacht werden lässt. 

Vieles an diesem Film erinnert an den kunstvoll-queeren »The Wild Boys« von Betrand Mandico, in dem eine Gruppe von delinquenten Jungs eine geschlechtstransformierende Reise durchmachen. Doch während Mandico seiner Geschichte von Beginn an eine märchenhafte Struktur verleiht, gibt Kracht seinem »Trümmermädchen« eindeutig historische Markierungen mit, die einen anderen Umgang erforderten. 

Das verlassene Theater der Deven kann nicht zum isolierten Ort werden, an dem sich magische Transformationen vollziehen. Zu viele andere Themen dieser Zeit drängen in den Film hinein, von der Schuldfrage bis zur Shoa. Das provokative Verbinden von Bildern aus dem Lager, gegenüber denen sich die agitatorischen Geschlechterpolitiken wie Kindergarten ausnehmen, genügt an dieser Stelle nicht.

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