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Gerhard Midding

"Die Dinge hatten sich angepasst", heißt es im Roman, als die Tragödie ein paar Wochen zurückliegt, "wie ein Fuß an einen neuen Schuh." Nach meiner Erfahrung verhält es sich zwar eher umgekehrt, aber das Bestrickende an Vincenzo Ceramis Prosa besteht gerade darin, dass sie immer etwas daneben liegt. Im Hinblick auf die Ereignisse und Seelenlage Giovanni Vivaldis muss man sagen, dass sie damit meist richtig liegt.

Gerhard Midding

Heute startet bei uns »Buñuel: Filmemacher des Surrealismus«, den ich im aktuellen Heft erstaunlich wohlwollend besprochen habe. Auf einen Aspekte, der nichts zur Sache des Films tut, aber von fundamentaler Bedeutung für das Verständnis des Künstlers ist, will ich hier näher eingehen: Don Luis war ein überaus schöpferischer Genussmensch.

Gerhard Midding

Heute Abend läuft im Deutschlandfunk nun um 22.05 Uhr die Sendung über Joseph Kosma, auf die ich in "Unsterbliche Blätter" vom 29- 7. hinwies. Nur ein Platzhalter, denn bald (nach zwei deadlines) steht an dieser Stelle ein Eintrag über ein Schlüsseljahrzehnt des japanischen Kinos.  

Gerhard Midding

Als ich »Agora – Die Säulen des Himmels« zum ersten Mal sah, störten mich die Momente, in denen die Kamera die Erdkugel aus kosmischer Perspektive betrachtet. Ihre Häufung erschien mir prätentiös. Anderthalb Jahrzehnte später sehe ich es anders, denn in Alejandro Amenábars Film werden Weltbilder verhandelt. Nach seiner Heldin sind übrigens ein Asteroid, ein Planet sowie ein Mondkrater benannt.

Gerhard Midding

Es gibt Menschen, deren Ausstrahlung schon eine Versicherung ist. Ihre bloße Anwesenheit bürgt fürs Gelingen. An ihrer Seite käme man nie auf die Idee, ein Problem sei unlösbar. Pierre William Glenn, der vorgestern im Alter von 80 Jahren verstarb, bewahrte auch in Krisensituationen unerschütterliche Ruhe. Es trifft sich gut, dass er bei dem immer noch schönsten Film über das Filmemachen, „Die amerikanische Nacht“, hinter der Kamera stand.

Gerhard Midding

Die Schatzsuche hat im Kino schon bessere Zeiten erlebt. Man muss kein Nostalgiker sein, um festzustellen, dass sich früher unbefangener von ihr erzählen ließ. Post-koloniale Diskurse haben uns gelehrt, dass es sich bei ihr meist um Raub handelte. Gleichviel, das Sagenhafte hat entschieden an Strahlkraft verloren.

Gerhard Midding

Das Rennen um den Auslandsoscar nimmt an Fahrt auf. Fast täglich prasseln Pressemitteilungen ins Haus, denen zu entnehmen ist, welches Land welchen Film nominiert hat. Die Entscheidungen hängen nicht nur von der Qualität ab, sie sind stets auch ein Spielfeld von Missverständnissen, Projektionen - und aktuell Fragen der nationalen Identität.

Gerhard Midding

Wie es sich für einen Blockbusterfabrikanten gehört, macht Roland Emmerich stets große Pläne. In dieser Woche verkündete er im "Hollywood Reporter", dass er »Lawrence von Arabien« neu verfilmen will. Die fatale Remake-Frage nach der Notwendigkeit stellt sich hier doppelt, denn tatsächlich gibt es längst schon eine vollgültige Neuinterpretation des Stoffes.

Gerhard Midding

Gestern, pünktlich zum Beginn der Polnischen Filmwoche in Berlin und Potsdam, erklärte mir meine Freundin Jagoda, was es mit der „Stunde W“ auf sich hat. So wird der Moment des Aufstandsbeginns genannt, dessen alljährlich am 1. August um 17 Uhr gedacht wird. Sirenen heulen und für einen Moment steht das Leben still. Das "W" steht für "wybuch", den Ausbruch des Aufstandes, erklärte mir Jagoda, und im übertragenen Sinne auch für die Stadt.

Gerhard Midding

Gestern feierte »Joker – Folie à Deux« in Venedig Premiere. Die Ovationen dauerten elf Minuten, was wohl im oberen Mittelfeld der Feststimmung zu verorten ist. Die Reaktion der internationalen Filmkritik ist hingegen durchwachsen. Todd Phillips' Sequel gibt ihr Rätsel auf, von denen das niederschmetterndste lautet, ob es denn mit Absicht so schlecht sei? Das Original allerdings lieferte mir die Antwort auf eine Frage, die mich Jahrzehnte lang beschäftigte.