Buch-Tipp: »Unter dem Regenmond«

Peter Nau habe ich um 1970 in München kennengelernt, er war Autor der Zeitschrift »Filmkritik«, ich Redaktionssekretär. Er war ein eigenwilliger Autor, er ist es noch heute. Das kleine Buch »Unter dem Regenmond. Auf Reisen in Filmen« ist der erste Text, den ich nach etwa 40 Jahren wieder von ihm lese. Der Titel bezieht sich auf »Erzählungen unter dem Regenmond« (1953) von Kenji Mizoguchi, einem der schönsten, geheimnisvollsten japanischen Filme.

Peter Nau schreibt keine Kritiken, sondern Miniaturen über Filme. Die kurzen Texte wecken Erinnerungen an Filmfiguren, an einzelne Bilder, an Gedanken: Nau reist in Filmen. Er hat kein Interesse am aktuellen Kinospielplan, ihn interessieren vergessene Filme und immer wieder Experimental- und Dokumentarfilme. So folgt er den Spuren von Volker Koepp nach Ostpreußen oder Ivens/Loridan nach China. Nau hat die Fähigkeit, mit ein oder zwei Sätzen einen Film wieder ins Gedächtnis zu rufen, oder – wenn man ihn nicht kennt – eine Ahnung, eine Idee von ihm zu vermitteln. Ein Film kann zum Traum werden. Nau ist nicht nur Poet, er hat auch einen analytischen Blick, wenn er über Peter Nestlers Dokumentarfilm »Ein Arbeiterclub in Sheffield« (1965) schreibt, »dass er den historischen Augenblick festhält, in dem eine proletarische Kultur abstirbt und zu ›Romantik‹ wird.«

Nau stellt auch Menschen vor, die ihr Leben dem Film widmen, Fred Gehler und Harun Farocki. Das Schlusskapitel »Das unbekannte Meisterwerk« wendet sich dem 1945 geborenen Peter Goedel zu . Nau beschreibt sieben Filme des Regisseurs, darunter das wunderbare Wolfgang-Koeppen-Porträt »Ortelsburg-Szczytno« oder Filme aus Tanger und Tunis. Wer macht eine Peter Goedel-Retrospektive?

Peter Nau: Unter dem Regenmond. Auf Reisen in Filmen. Verbrecher-Verlag, Berlin 2015. 128 S., 15 €.

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