Interview mit Krimi-Autor Lawrence Block

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»Lawrence Block«

Krimi-Autor Lawrence Block über die Verfilmung seines Romans “A Walk Among the Tombstones”, seinen Protagonisten Matthew Scudder und seine Erfahrung als Drehbuchautor für Wong Kar-wai

Mit dem Ex-Polizisten Matthew Scudder, der nach jahrelanger Alkoholsucht versucht, trocken zu bleiben, haben Sie eine der denkwürdigsten Figuren der modernen Kriminalliteratur geschaffen, der Sie bisher 17 Romane gewidmet haben. Wie entwickeln Sie die Figur von Roman zu Roman weiter? Gibt es so etwas wie einen Masterplan?

Es gab nie einen Masterplan bei irgendetwas, das ich getan habe, weder in meiner Arbeit noch in meinem Leben. Ich ging früh davon aus, dass Scudder dasselbe unspezifische Alter haben würde und dasselbe Leben führen würde, solange ich über ihn schriebe. Aber dann stellte ich fest, dass der Realismus der Bücher mich veranlasste, dieser Figur zu erlauben, sich weiterzuentwickeln und zu verändern, in einem Band davon beeinflusst zu werden, was er im vorangegangenen durchgemacht hatte und auch in Echtzeit zu altern.

Wie verknüpfen Sie seinen inneren Zustand mit den Verbrechen, die er aufzuklären hat?

Darüber habe ich nie bewusst nachgedacht. Ich schreibe eher intuitiv als intellektuell und lasse die Geschichten sich entwickeln und Scudder entsprechend handeln und reagieren.

Der jüngste und 17. Matthew Scudder-Roman, "A Drop of the Hard Stuff", erschien im Mai 2011, gefolgt von einer Reihe von Kurzgeschichten 2013. Was können Sie uns über die Zukunft der Figur verraten?

Ich bin nicht sicher, ob sie eine hat. Ich habe den Eindruck, die Reihe ist vollständig, und Scudder ist zu alt, um noch Abenteuer zu erleben. Aber ich bin jederzeit bereit, mich eines besseren belehren zu lassen. Bereits 1982, als der fünfte Band der Reihe, "8 Million Ways To Die" herauskam, dachte ich, das wäre es jetzt. Und das habe ich auch später wiederholt gedacht – wie Bogart in »Casablanca« sagt: "I was misinformed".

Die Verfilmung von »A Walk Among the Tombstones« macht einige Kompromisse, was die Figuren anbelangt. Ist das ein notwendiger Preis, den man zahlen muss, wenn düstere Romane wie die Ihrigen von Hollywoods Studios adaptiert werden?

Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich denke, einige der Veränderungen, die Autor und Regisseur Scott Frank vorgenommen hat, waren erforderlich, während andere mir als willkürlich und teilweise unsinnig vorkamen. Ich weiß, dass er mittlerweile die Entscheidung bedauert, Scudders Freundin Elaine weggelassen zu haben.

Als »8 Million Ways To Die«, der erste Leinwandauftritt von Matthew Scudder, 1986 in die Kinos kam, bekam der von Hal Ashby inszenierte Film überwiegend schlechte Kritiken. Haben Sie ihn in den letzten Jahren einmal wiedergesehen? Meinen Sie, er hätte eine Neubewertung verdient? Haben Sie damals Hal Ashby oder Oliver Stone, der das Drehbuch schrieb, getroffen?

Ich habe den Film gesehen, als er 1986 herauskam, und später eine spanisch synchronisierte Fassung, als ich mich 1991 auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela befand. Und dann musste ich ihn ein drittes Mal durchstehen bei einem Krimifestival in Köln Mitte der neunziger Jahre. Ich hoffe, um Gotteswillen, dass ich ihn nie wieder sehen muss. Eine Neubewertung? Es war damals ein schlechter Film und ich wüsste nicht, wie die Zeit ihn besser gemacht haben könnte. Jeff Bridges und Andy Garcia leisteten gute Arbeit, aber sie haben den verdammten Film ohne ein fertiges Drehbuch gemacht, und als sie die Geschichte von New York nach Los Angeles verlegten, verloren sie die Geschichte, zusammen mit allem anderen. Ich verbrachte ziemlich früh einen Abend mit Oliver Stone, der wollte, dass ich das Drehbuch mit ihm zusammen schriebe; ich dachte darüber nach und kam zu dem Schluss, das sei keine Erfahrung, die mir Freude bereiten würde. Einmal besuchte ich die Dreharbeiten, als ich wegen einer Hochzeit in L.A. war, und traf Hal Ashby, der aus jeder Pore Traurigkeit verströmte.

Was ist Ihre generelle Haltung zur filmischen Adaption Ihrer Romane? " Das ist mein Buch und ihr Film – ich halte mich da lieber raus" oder aber „Wenn sie aus meinem schönen Roman eine schlechten Film machen, wird man auch mich dafür verantwortlich machen“? Hat sich Ihre Haltung über die Jahre geändert? Haben Sie je das Bedürfnis verspürt, als (Ko-)Produzent eine gewisse Kontrolle auszuüben?

Oh, das kann ich nicht sagen – Ego und Habsucht sind Faktoren, die dabei eine Rolle spielen, nicht wahr?

Ich vermute, nicht all Ihre Leser werden wissen, dass Sie als Drehbuchautor an dem englischsprachigen Filmdebüt des aus Hongkong stammenden Filmemachers Wong Kar-wai, »My Blueberry Nights«, beteiligt waren. Wie kam das zustande? Haben Sie das ursprüngliche Drehbuch für den Schauplatz USA adaptiert und die amerikanischen Dialoge verantwortet? Haben Sie dabei allein gearbeitet oder saßen Sie mit Wong Kar Wai zusammen?

Wong Kar-wai war ein Fan der Scudder-Romane und überlegte sich verschiedene Möglichkeiten, wie wir einmal zusammenarbeiten könnten, von denen aber keine zustande kam. Dann schickte er mir einen achtminütigen Film, den er auf Kantonesisch gedreht hatte und aus dem er seinen ersten englischsprachigen Film entwickeln wollte. In dem Kurzfilm spielt sich die ganze Geschichte in dem Deli ab, wo die junge Frau dem Besitzer ihre Schlüssel gibt, damit er sie für sie aufbewahrt. Seine Idee für den Langfilm war es, dass sie nicht zurückgeht in ihre Wohnung, sondern im ganzen Land herumreist. So schrieb ich ihre verschiedenen Erlebnisse und Wong Kar-wai – der nie zuvor mit einem Drehbuch gearbeitet hatte – veränderte fortwährend, wovon die Geschichte handeln sollte. Zum Verrücktwerden. Er ist ein absolut brillanter Filmemacher, seine Filme sind großartig und eindringlich, aber ein Gespür für Geschichtenentwicklung würde ich ihm nicht unbedingt attestieren.

2012 gaben Sie Ihr Debüt vor der Kamera in dem Film »The Detectve’s Lover«. War der Regisseur ein Fan Ihrer Werke, der Sie dazu überredete oder wie sonst kam das zustande? Planen Sie weitere Auftritte vor der Kamera?

Oh, der Travis Mills Film! Wusste gar nicht, dass er herausgekommen ist und natürlich habe ich ihn nicht gesehen. Da hatte ich nicht viel zu tun. Noch weniger hatte ich bei »A Walk Among the Tombstones« zu tun, wo man mich in einer Bar sehen kann bei einer Szene zwischen Liam Neeson und Ruth Wilson, aber die wurde herausgeschnitten, als Sott bemerkte, dass diese ganze Episode die Geschichte nicht voranbrachte, Ruth und ich landeten also beide auf dem Boden des Schneideraums (und wenn ich da bleiben müsste, fielen mir nicht viele Leute ein, mit denen ich lieber da bleiben würde) und das war es dann.

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