Kritik zu Transpapa

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Wenn der Papa zur Frau wird, wird er dann auch zur Mama? Oder ist man vielleicht gar nicht mehr mit ihm verwandt? Mit solchen Fragen sieht sich in Sarah-Judith Mettkes mehrfach preisgekröntem Spielfilmdebüt ein junges Mädchen konfrontiert

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Die Reaktion der besten Freundin lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: »Scheiße! Scheiße! Ist das beschissen!« Die 15-jährige Maren (Luisa Sappelt) hat der Freundin unter dem strengsten Siegel der Verschwiegenheit anvertraut, was sie selbst erst gerade herausgefunden hat, nämlich dass ihr Vater transsexuell ist und sich zur Frau hat umoperieren lassen. Sie hat ihn Jahre nicht gesehen, ihre Mutter hat ihr erzählt, er sei in Nepal auf Selbstsuche. Nun fühlt sie sich doppelt betrogen und weiß nicht, was schwerer zu ertragen ist: dass die Eltern ihr nicht die Wahrheit gesagt haben oder dass diese Wahrheit etwas so Unbegreifliches beinhaltet wie an der Stelle eines Vaters nun eine unbekannte Frau zu wissen. Zumal die Nachricht das Mädchen zur denkbar ungünstigsten Zeit trifft; Maren macht gerade die ersten, von viel Unbehaglichkeit geprägten sexuellen Erfahrungen.

Sarah-Judith Mettkes Langfilmdebüt »Transpapa« ist einer dieser leider doch raren Glücksfälle des deutschen Kinos, der sich durch hervorragende Darsteller, einfühlsame Regie und vor allem ein wirklich gut geschriebenes Drehbuch (aus der Feder der Regisseurin) auszeichnet. Transsexualität und Pubertät sind in Mettkes Film nicht nur originelle Ideen, die ihr beim »Pitchen« des Projekts vor diversen Fördergremien geholfen haben. Zu beiden Bereichen hat der Film tatsächlich etwas zu sagen. Weder macht die Regisseurin aus der Sache mit dem Papa, der zur Mama wird, eine jener absehbaren Feelgood-Momente, in denen das Los gut gelaunter Außenseiter gefeiert wird, noch benutzt sie die Figur der Heranwachsenden als bloßen Avatar, um den Zuschauer auf einer bestimmten Blickhöhe zu halten.

In wenigen, präzisen Szenen skizziert Mettke zu Anfang die schwierige Zeit, die Maren gerade durchmacht. Da ist der ständige Krach mit der Mutter (Sandra Borgmann), von der sie sich oft ungerecht behandelt fühlt, da ist der Junge, der sie zum Blowjob drängen will und sie dann als frigide bezeichnet, und da ist die Freundin, die ihr mit nicht immer vernünftigen Ratschlägen in den Ohren liegt. Auf die Frage, wie es ihr geht, antwortet sie trotz allem mit Teenager-Coolness: »Gut«.

Mit dem schnöden Plan, vom Vater, der nun Sophia heißt und seine Tochter gerne sehen möchte, Geld für den Führerschein zu erpressen, fährt sie eines Tages zu ihm. Es wird ein Zusammentreffen voll Unwohlsein und Peinlichkeiten. Maren macht die zwiespältige Erfahrung, dass sie über ihren Vater in seiner neuen Gestalt mehr erfährt als ihr lieb ist. Die große Stärke des Films liegt darin, dass er wenig beschönigt. Und Devid Striesow spielt seine Sophia nicht als flamboyantes »Transen«-Klischee, sondern zeigt, welch schwierige Balance zwischen Befreiung aus alten Normen und Beschränkungen in der neuen Rolle seine Figur halten muss. Sehr konsequent endet der Film eben nicht mit der Umarmung von Maren und Sophia, nicht mit »Ich liebe dich«-Bekenntnissen, sondern mit großer Verlegenheit beim Abschied, nur dass sie nicht mehr von Ablehnung, sondern Zuneigung herrührt.

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