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Der Sonnenkönig, sein Gärtner Le Nôtre und die Gärtnerin, die es nie gegeben hat, sind die Hauptakteure dieses britischen Kostümfilms, bei dem Alan Rickman Regie führte und mit französischem Flair experimentiert
Vom Fenster aus lässt sich beobachten, wie eine nicht mehr ganz junge Frau mit einem auffälligen Federhut sich anschickt, die symmetrische Ordnung der Pflanzenkübel vor dem Eingang zu verändern. Wie sich gleich zeigen wird, ist auch sie, eine Frau, zum Vorstellungsgespräch bei André Le Nôtre, dem berühmten Gartenarchitekten des Sonnenkönigs, geladen. Auch das eine Ungeheuerlichkeit, finden die Mitbewerber. Doch nach drei Minuten ist der Frauenspuk schon wieder vorbei. Die Differenzen sind ausgetauscht. Hohe Gartenkunst versus »A Little Chaos«, wie der Film im Original heißt.
Aber es kommt anders. Eine Gärtnerin von Versailles hat es natürlich nie gegeben, aber die kleinen Boskette, Kleinode der Gartenkunst, Störenfriede in der strengen barocken Gartenordnung – die hat es sehr wohl gegeben. Das bis heute einzig erhalten gebliebene Exemplar, der »Ballsaal«, eine Tanzinsel unter freiem Himmel, ist (wenn auch nachgebaut) nun Hauptschauplatz dieses Films. Es soll das Produkt einer Frauenfantasie gewesen sein. Warum nicht.
Der aristokratische Kostümfilm ist eine never ending story der Filmgeschichte, und vielleicht war doch Erich von Stroheim mit seinem Ausstattungswahn und seiner Verschwendungssucht der Einzige, der sich dessen Herausforderungen gewachsen zeigte. Es ist jedenfalls keine gute Idee, dass sich Alan Rickman, Regisseur und Hauptdarsteller, gleich in der ersten Einstellung als – dazu noch allzu britischer – Sonnenkönig präsentiert, nur um die Erzählchronologie sicherzustellen. Hier geht es nämlich vorrangig um die Gartenkunst, die mit den kartesianischen Schöpfungen Le Nôtres eine europaweite stilbildende Wende nahm.
Die zupackende Gärtnerin Sabine De Barra, ein wahrer Störenfried, ist indes eine feministische Wunschfigur des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts, die als solche auch die wählerische Kate Winslet begeistern konnte. Die gibt – wie gewohnt – die gestandene Frau, die, ohne mit der Wimper zu zucken, durch den Morast des Versailles'schen Sumpfgeländes stapft. Das Naturkind imponiert nicht nur dem Stararchitekten durch seine natürliche und direkte Art, sie wirbelt auch die Hofetikette durcheinander, die Ludwig XIV. beeindruckt über Bord wirft. Der Film »Die Gärtnerin von Versailles« zieht sozusagen alle melodramatischen Register, ohne dass man das alles so ernst nehmen muss. Es ist eine Spielerei, trotz seiner melancholischen Grundstimmung ein Filmspaß, der seine Geschlechtergeplänkel standesgemäß auszuspielen versucht. Für Regisseur Rickman war es nicht mehr und nicht weniger als »das einfache, uralte ›Es war einmal‹« – aber gerade das sollte es ja nicht sein. Dank der unermüdlichen Kate Winslet und des zurückhaltenden Matthias Schoenaerts als Le Nôtre – Figuren von heute – ist doch etwas mehr dabei herausgekommen. Über den Look des Films, nicht der von Ludwig XIV. versprochene Garten Eden auf Erden, sondern ein anbiedernder Vintage Style, wie ihn heute jede Modezeitschrift und jede Balkonfee zu pflegen versucht, muss man kein Wort verlieren.