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Ob Franz K. der einflussreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts war, wie der Trailer verkündet, mag dahingestellt sein. Wozu überhaupt solche Superlative, die Kafka selbst nur verlegen gemacht hätten? Idan Weiss spielt als Hauptdarsteller genau diese zurückhaltende Art, hinter der sich große Kunst versteckt, in ausgezeichneter Weise.
Dazu kommen vor allem Peter Kurth als Vater, ewig unzufrieden mit dem Sohn, “der sich nur um sich selbst dreht”, statt um ihn. Und Cora Schuler als Kafkas Verlobte Felice Bauer: Spröde, tüchtig, aber unliterarisch, dafür schlagfertig. Leider fehlt, was Franz ihr in einem seiner unzähligen Briefe schrieb: “Ich habe kein literarisches Interesse, sondern bestehe aus Literatur, ich bin nichts anderes und kann nichts anderes sein.”
Das unterscheidet ihn von seinem Freund Max Brod, der Kafkas Genialität früh erkennt, weswegen er später auch dessen letzten Wunsch nicht erfüllen wird, nämlich alle seine Werke zu vernichten. Für Franz K. indes ist der Wunsch stimmig, er schrieb nicht für die Welt, sondern für sich, es war seine persönliche Existenzform.
War es mit dieser vorbei, brauchte es auch seine Texte nicht mehr zu geben – so dachte er wohl. Dennoch müssen wir M. Brod dankbar sein, denn nicht allein dem Schriftsteller gehört sein Werk. Ihm zwar auch, aber nicht nur. Außer er veröffentlicht gar nichts, was Kafka aber nicht tat.
Der Film von Agnieszka Holland hat es eilig: Franz K. wird gleich anfangs vom Vater ins Wasser der Moldau geschmissen, taucht unter, taucht auf und erlebt ein Ding nach dem anderen. Ein schnelles Leben, nur hört und sieht er das Lebendige halt anders als andere. Solches wiederum muss er aufschreiben – Nächte hindurch. “Geschreibsel” nennt es der Vater und die Mutter sorgt sich, nur Ottla, die Schwester (Katharina Stark), scheint ihn zu verstehen. Weswegen sich an ihr auch die Zuschauer ein wenig orientieren können. Sie unterstützt die Betrachtung von außen, welche es doch sehr oft mit Rätselhaftem zu tun hat. Kein Wunder bei einem Film über diesen Schriftsteller.
Die Szene mit dem Bettler auf den Straßen Prags, der um eine Krone bittet, und als er ein Zwei-Kronenstück bekommt, das Wechselgeld nicht hat oder nicht herausgeben will, halte ich für den Schlüssel. Kafka gerät in Wut, denn ein Wort bedeutet ihm alles – Verant-wort-ung nämlich, es zu brechen hingegen Ver-brechen. Wörtlich zu nehmen beides.
Dass die letzte Lebens- und Liebesphase mit Dora Diamant in “Franz K.” fehlt, tut jedem leid, der letztes Jahr den Film “Die Herrlichkeit des Lebens” sah. Das kurze Glück, knapp vor dem frühen Tod, war ein Geschenk, gewissermaßen auch ein Zur-Ruhe-Kommen nach hastigem Lauf.
Was schließlich auch ein bisschen traurig stimmt, ist, dass nur die oberflächlich-touristische Rezeption von Kafkas Leben und Werk gezeigt wird – also von “Kafka-Burger” bis “Kafka-Shirt” etc. Dergleichen gibt es natürlich, aber ein paar echte Literaturfreunde hätten gerne ebenfalls noch reingepasst.
Ob er nun der einflussreichste Autor war/ist oder nicht – egal! Um große Literatur handelt sich’s allemal. Und die wirkt bekanntlich zeitlos. In diesem Sinn muss man den Film m.E. weder überhöhen, wie manche Rezensionen, noch Verrisse raushauen. Ein kleines Stück zum Kafka-Bild fügt er hinzu – unfertig wie es ist und wohl noch lange bleiben wird.

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