05/2018

In diesem Heft

Tipp

Geschrieben wurde schon viel über Gérard Depardieu. Aber so etwas hat es noch nicht gegeben: ein Comicporträt. Fünf Jahre lang hat der französische Zeichner Mathieu Sapin den Schauspieler ­begleitet – vor allem auf Reisen
Erzählen als Verrenkungskunst: »Westworld« handelt auch in der zweiten Staffel von der Sehnsucht nach dem Eintauchen in eine bzw. die eigene Geschichte
Ein Auftragsmörder entdeckt die Bühne: Die erste Staffel der HBO-Serie »Barry« mit Bill Hader ist auf Sky(-Ticket) zu sehen
In einem schlafwandlerischen Balanceakt zwischen Wahrhaftigkeit des Lebens und Magie des Kinos fängt der Film den Arbeitsalltag und die Lebensdramen der Angestellten in einem Großmarkt in der ostdeutschen Provinz ein
am Mi., 09.05. in Frankfurt am Main – epd-Film-Redakteur Rudolf Worschech spricht mit dem Autor Clemens Meyer und dem Regisseur Thomas Stuber über ihren Film »In den Gängen«
9. Mai bis 3. Juni, Frankfurt am Main – 18. Ausgabe, Nippon Connection wird volljährig. In diesem Jahr gastiert eine Auswahl von über 100 Kurz- und Langfilmen aus Japan in Frankfurt, darunter klangvolle Titel wie »Outrage Coda« von Takeshi Kitano oder das auf der Berlinale ausgezeichnete Coming-of-Age-Drama »River's Edge«. Historische und animierte Werke sind ebenso zu sehen wie Dokumentarfilme, denen eine neue Programmreihe gewidmet ist
23. bis 27. Mai, Hamburg – Rund neunzig aktuelle japanische Produktionen zeigt das Filmfest. Ein Schwerpunkt liegt auf Mangas und Animes in Live-Action-Versionen (»Gintama«, »Death Note«), denn, so die Begründung, die Digitaltechnik sei inzwischen derart fortgeschritten, dass sich der schöne Irrsinn der Comickunst auch ins Realbild übertragen lasse. Animierte Filme finden freilich ebenfalls ihren Platz, so läuft etwas Makoto Shinkais gefeierter »Your ­Name«
8. bis 19. Mai, Cannes – Das französische Festival gehört zu den wichtigsten Filmveranstaltungen der Welt. Neben andauernden Unstimmigkeiten mit dem Streaminganbieter Netflix bietet auch die Gästeauswahl Potenzial für politische Schlagzeilen. So sind der Iraner Jafar Panahi und der Russe Kirill Serebrennikow, beide Regimekritiker, ebenso im Wettbewerb vertreten wie Jean-Luc Godard und Spike Lee. Der Dokumentarfilm »Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes« von Wim Wenders läuft außer Konkurrenz
3. bis 8. Mai, Oberhausen – Der älteste internationale Kurzfilmwettbewerb der Welt und die größte Plattform für diese Form: Oberhausen ist eine Institution. In verschiedenen Sektionen offenbart sich dem Publikum die ganze Bandbreite der Möglichkeiten des Kurzfilmschaffens. Zu finden sind hier etwa außergewöhnliche Arbeiten im Musikvideobereich und eine Themensektion zu Umwälzungen in der Kinolandschaft in den Jahren zwischen 1967 und 1971
2. bis 13. Mai, München – 11 Tage, 154 Filme, darunter auch neun Premieren, aus 50 Ländern an 19 Spielorten. Das sind die Eckdaten des renommierten DOK.fest-Festivals in der bayrischen Landeshauptstadt, das dem Dokumentarfilm einen möglichst breiten Rezeptionsrahmen bieten will. Passend zur Themenreihe »DOK.female« befasst sich die Retrospektive mit der Arbeit der seit mehr als 40 Jahren aktiven Filmemacherin Helga Reidemeister. ­Außerdem wirft die Gastlandreihe einen Blick auf die US-amerikanische Gesellschaft
15.–20. Mai, Dreiländereck – Im Südosten des Landes, wo sich Deutschland mit Polen und Tschechien trifft, findet alljährlich das Neiße Filmfestival statt. Über zwanzig Spielorte in den drei Ländern lassen internationalen Kulturaustausch zu einer auch geografischen Wirklichkeit werden. Neun Spiel- und neun Dokumentarfilme konkurrieren in den Wettbewerben miteinander. Im Fokus steht bei der mittlerweile 15. Ausgabe das Jahr 1968 als politisch-gesellschaftlicher Punkt des Umbruchs
1. bis 6. Mai, Schwerin – Im Frühjahr 1990 wurde mit dem Filmkunstfest erstmals auf dem Gebiet der neuen Bundesländer ein neues Filmfestival aus der Taufe gehoben. Vier Wettbewerbe (Spiel-, Dokumentar-, Kur- und Jugendfilm) strukturieren das Programm. Den Ehrenpreis erhält 2018 der Schauspieler Henry Hübchen

Thema

Manche lassen es im Blockbuster krachen. ­Andere gehen es ganz sachte an. ­­12 Schauspielerinnen und Schauspieler unter 35, auf die Sie ein Auge haben sollten
Unsere "steile These" des Monats Mai
Er hat in über 100 Kino- und Fernsehfilmen mitgespielt, meist in ­markanten kleinen Rollen, und vielen anderen die Schau gestohlen. Der katalanisch-deutsche Schauspieler Alex Brendemühl spielt im ­Sci-Fi-Thriller »Rewind« eine ungewöhnliche Kommissarfigur
Filme erläutern, Einstellung für Einstellung: das funktioniert im Internet inzwischen ganz prächtig. Thomas Meder über die Kunst des Video-Essays
Der Arbeiter, heißt es, ist in unserer digitalisierten, automatisierten Gesellschaft ein Auslaufmodell. Aber es gibt immer noch Menschen, die Getränkekisten im Großmarkt umschichten, Kleider für uns nähen, Möbel stemmen. Zum Start von Thomas Stubers »In den Gängen«: Beobachtungen zur Darstellung physischer Arbeit im Spielfilm

Meldung

Das Unbehagen am heimischen Kino: Das 11. Lichter Filmfest Frankfurt International machte sich auf einem Kongress Gedanken zur »Zukunft Deutscher Film«
Die Stimmung ist überraschend entspannt. Aber es werden weniger explizit politische Filme gezeigt auf dem Filmfestival in Istanbul. Regisseure und Regisseurinnen suchen die Auseinander­setzung auf Umwegen
Die Diagonale in Graz präsentiert die Jahresproduktion österreichischen Filmschaffens. In diesem Jahr gaben Macher und Jury dem Festival eine dezidiert politische Note

Filmkritik

Die Ermittlungen, die der Kommissar in einem Mordfall anstellt, führen beim Versuch, die Zukunft zu retten, in die eigene Vergangenheit. »Rewind« ist eine nicht ganz geglückte Kreuzung von Kriminal- und Science-Fiction-Film, die sich in den eigenen Komplikationen verheddert
Eine komplexbeladene, aber ehrgeizige IT-Angestellte glaubt, sich in eine unwiderstehliche Schönheit verwandelt zu haben. Die Komödie »I Feel Pretty« mit vielen Spiegelblicken, aber leider wenig Chemie zwischen den Darstellern bietet der munteren Komikerin eigentlich eine Paraderolle, bleibt aber sträflich outside Amy Schumer
Schmerz und Trauer über den Abschied von den Eltern hat Kerstin Polte in ihrem Spielfilmdebüt »Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?« in einen verspielt skurrilen Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt verwandelt, in ein Road Movie mit deutlichen Anleihen bei klassischen Feelgood-Dramen
Betuliche Adaption des erfolgreichen Romans »Der Buchladen der Florence Green« von Penelope Fitzgerald, die den Mut einer tapferen Buchhändlerin in der konservativen, englischen Provinz der Fünfziger beschwört
Polanski kehrt in »Nach einer wahren Geschichte« motivisch zu seinen Anfängen zurück. Bedrängnis und Zweifel an der Wirklichkeit durchziehen die Geschichte einer Erfolgsautorin mit Schreibhemmung
Düster fotografierte Frauengeschichte aus dem 15. Jahrhundert, ein gelungener Mix aus Heimat- und Horrorfilm, atmosphärisch stimmig in den Alpen angesiedelt: »Hagazussa«
Hüftsteif wie seine Protagonisten schickt John Stevenson seine Gartenzwerge aus »Gnomeo und Julia« mit Sherlock Holmes und Watson in London auf Verbrecherjagd und verhaspelt sich dabei in Nebenplots: »Sherlock Gnomes«
Puristischer Dokumentarfilm über drogenabhängige Häftlinge, die im Maßregelvollzug den Teufelskreis zwischen Sucht und Kriminalität zu durchbrechen versuchen: »Therapie für Gangster«
Feld, Wald und Wiese: Alice Agneskirchner bringt in ihrem Dokumentarfilm »Auf der Jagd« verschiedene Haltungen zum Thema Natur, Naturschutz, Naturnutzung und Waldpflege betont unpolemisch zur Sprache
Iram Haq behandelt den Konflikt zwischen pakistanischer Familientradition und westlicher Teenager-Kultur nuanciert und differenziert. Die fabelhaften Darsteller beglaubigen die unversöhnlichen Positionen
José Padilha schildert in »7 Tage in Entebbe« die Entführung eines Air-France-Flugs und die spektakuläre Befreiung der zumeist jüdischen Geiseln durch eine israelische Task Force 1976: politisch umsichtig und auf eigene Weise spannend
Aus seltenen Archivaufnahmen von Bühnenauftritten und Selbstzeugnissen montiert Tom Volf eine schwelgerische Hommage, die ihre schillernde Legende respektiert: »Maria by Callas«
Dokumentarfilm von Thomas Frickel über den Regisseur Martin Kirchberger, der mit satirischen Kurzfilmen begann und 1991 ums Leben kam. Persönlich gehalten, aber auch ein Film über die deutsche Provinz: »Wunder der Wirklichkeit«
In den achtziger Jahren erstreitet eine unter paranoider Schizophrenie Leidende zusammen mit ihrer Anwältin Patientenrechte. Trotz aktueller Brisanz kann Bille Augusts »Eleanor & Colette« mit einer uninspiriert biederen Inszenierung keine Funken zünden
In einem schlafwandlerischen Balanceakt zwischen Wahrhaftigkeit des Lebens und Magie des Kinos fängt »In den Gängen« den Arbeitsalltag und die Lebensdramen der Angestellten in einem Großmarkt in der ostdeutschen Provinz ein
Felix Möller befragt in seiner essayistischen Dokumentation »Sympathisanten – Unser Deutscher Herbst« Zeitzeugen über den so dubiosen wie komplexen Begriff der bundesrepublikanischen Geschichte
Die Turbulenzen einer Patchwork-Familie werden hier recht unterhaltsam aus der Sicht der Kinder betrachtet, die einen ungewöhnlichen Lösungsansatz für das Leben zwischen den Elternfronten entwickeln: »Wohne lieber ungewöhnlich«
Hans Block und Moritz Riesewieck porträtieren in ihrem ersten Dokumentarfilm »The Cleaners« die Tätigkeit der Content Moderators, die entscheiden, was in den sozialen Netzwerken veröffentlicht werden darf und was nicht
Die Geschichte einer Feuerwehrcrew aus Arizona: Glänzend besetzte und angenehm unpathetisch inszenierte »Heldengeschichte«, der es auf Dauer jedoch an Dramatik und Gespür für das dargestellte Milieu fehlt: »No Way Out«
Lange Jahre kämpfte Rupert Everett darum, sein Herzensprojekt als Regisseur und Drehbuchautor auf die Leinwand zu bringen. Seine Unerfahrenheit in beiden Bereichen ist dem Film über die letzten Jahre Oscar Wildes anzumerken, wird aber durch seine Leidenschaft für die Geschichte und den Protagonisten aufgehoben.
In seinem märchenhaften Regiedebüt erzählt Fabrice Benchaouche die Geschichte einer algerischen Jungenfußballmannschaft. Die Tragik des Bürgerkriegs und seiner Folgen wehen mit und werden von »Timgad« in einen liebevollen Eskapismus übersetzt
Der peruanische Regisseur Rodrigo Otero Heraud inszeniert seinen Helden in »Die Augen des Weges« als eine Art indianischer Franziskus, der durch wunderbare Anden-Landschaften wandelt und im Dialog mit Berggeistern an die Erhaltung globaler Harmonie appelliert
Film über die Gründerin von »medica mondiale« und Trägerin des Alternativen Nobelpreises, die sich seit 25 Jahren als Frauenärztin für Opfer sexualisierter Gewalt einsetzt
Luxemburgischer Thriller mit Frederick Lau – und einer Verfolgungsjagd im Maisfeld, die sich vor jener aus »Der unsichtbare Dritte« nicht zu verstecken braucht: »Gutland«
Einen grausamen ökonomischen und seelischen Sadomasochismus konstatiert Oskar Roehler in einem rheinländischen Villen-Vorort, wo eine schreckliche deutsche Bourgeoisie, dubiose Immigranten und ausgebeutete Schwarzarbeiter aufeinandertreffen. Roehler gelingt mit »HERRliche Zeiten« so etwas wie Satire-Noir
Porträt des afghanischen Filmemachers Salim Shaheen, der in dreißig Jahren über hundert Filme gedreht hat. »Meister der Träume« ist ein Film über die Liebe zum Kino und darüber, was Kino in einem kriegsversehrten Land wie Afghanistan für die Bevölkerung bedeuten kann
Regisseur Karim Aïnouz gelingt es in seiner dokumentarischen Studie der Situation auf dem Flughafen Tempelhof 2016/17 vorzüglich, verschiedene Schicksale und Perspektiven zu einer dichten und vielschichtigen Ansicht zu verweben: »Zentralflughafen THF«
Zwei Schwestern reisen durch Europa, einer mysteriösen Destination entgegen: Sanft morbides Mystery-Drama, das erzählerische Schwächen durch eine dichte Stimmung wieder ausgleicht
Sergej Loznitsas dritter Spielfilm »Die Sanfte« begleitet eine junge Frau bei ihren vergeblichen Versuchen, ihren Mann im Gefängnis zu besuchen. Kafkaeske Situationen und moralische Verkommenheit beherrschen dieses russische Gesellschaftspanorama, das sich leider allzu plakativ in der Ausweglosigkeit suhlt
In seinem zweiten Animationsfilm erzählt Wes Anderson eine dystopischen Geschichte über ein Japan der Zukunft, in dem Hunde auf eine riesige, schwimmende Müllhalde verbannt werden. In Stop-Motion-Technik inszeniert und mit vielfältigen politischen Bezügen versehen, überzeugt »Isle of Dogs« als Würdigung für die Kraft der Schwachen und als Aufruf gegen Intoleranz
Brizé verfilmt Maupassants Roman über eine Landadelige als Bewusstseinsstrom. Fragmentiert und achronologisch erzählt, porträtiert er dabei glaubwürdig Epoche und Menschen. »Ein Leben« ist eine sehr poetische, sehr bewegende Meditation über Zeit und Erinnerung
Ein Dokumentarfilm über Krieg und Flucht, Zerstörung und Wiederaufbau, der sich mit anmutiger Formenstrenge auf den Titel stiftenden Baustoff konzentriert: Der im Exil lebende syrische Regisseur Ziad Kalthoum entlockt ihm eine verblüffende, niemals arglose Poesie: »Taste of Cement«
Ein junger FSJler (Nils Hohenhövel) freundet sich nach und nach mit Sven (Samuel Koch), dem an Muskelschwund leidenden Patienten, an, den er betreut. Eibe Maleen Krebs' Spielfilmdebüt »Draußen in meinem Kopf« verbindet radikale Spiritualität und ästhetische Klarheit
In seinem neuen Film »Grain – Weizen« sucht Bildermagier Semih Kaplanoğlu nach einer Synthese zwischen den in seinen früheren Filmen gelungenen Blick nach Innen und Motiven der Science-Fiction, was leider nicht ganz gelingt
Irgendwo im Hinterland kämpft eine kleine Familie gegen fresslustige Monster mit Supergehör – ein B-Picture-Stoff, der eine geradezu avantgardistische Tonspur vorweisen kann. Denn: Wer zuerst laut wird, hat verloren; und das Publikum spielt mit. Zwar stellen die Löcher im Drehbuch selbst Gutwillige auf die Probe, das sensorische Vergnügen in »A Quiet Place« aber bleibt beträchtlich
Teenager-Sex-Komödie um die Mitglieder einer Mädchenclique, die nach dem Abschlussball alle ihr Erstes Mal erleben wollen – ihre Eltern versuchen das mit allen Mitteln zu verhindern. Neben üblichen Versatzstücken weist »Der Sex Pakt« auch ein paar frische Ideen auf
Spielbergs filmische Version eines weltumspannenden Computerspiels beginnt grandios, doch das visuelle Feuerwerk verliert alsbald seinen Reiz

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