Patrick Seyboth

Filmkritiken von Patrick Seyboth

Ein fast vergessenes Meisterwerk der tschechischen Neuen Welle der 60er Jahre: In wuchtigen Schwarz-Weiß-Bildern erzählt František Vláčil in »Marketa Lazarová« von der blutigen Fehde zweier Räuberclans im Mittelalter. Erzählerisch komplex und fordernd, beeindruckt das Werk mit seinem experimentellen, zwischen derbem Naturalismus und Poesie changierenden Stil. Eine halluzinatorische Winterreise in eine ferne Zeit
Das Porträt des Komponisten, Sängers und »Enfant terrible« Zappa zeichnet anhand von klug montierten Archivfundstücken das facettenreiche Bild eines Künstlers, der populäre und »ernste« Musik vereinte und dessen Kritik an Bigotterie und Beschränktheit nichts von ihrer Schärfe eingebüßt hat
Wie wurde Florence Foster Jenkins, die »wie ein besoffener Kuckuck« sang, zum Star? Anhand von Experten-Statements, Archivfunden und Spielszenen mit Joyce DiDonato als Jenkins spürt der Film der Faszination jener Virtuosin der schrägen Töne nach
Zunächst ein leiser Thriller über Ohnmacht, Misstrauen und die soziale Enge einer Kleinstadt, nimmt Asli Özges Film »Auf Einmal« einige überraschende Wendungen und mündet in ein bravouröses, bitterböses Finale
Dokumentarfilmer Alex Gibney folgt in »Zero Days« den Spuren des Computerwurms Stuxnet und entfaltet das Szenario einer neuen geheimen und potenziell verheerenden Art der Kriegführung. Dabei setzt er mehr auf die Oberflächenspannung eines Agententhrillers denn auf Differenzierung und Reflexion
Ein Seefahrerfilm als emotionale Odyssee einer jungen Mechanikerin auf einem Frachter: »Alice und das Meer« birgt eine scheinbar simple Dreiecksgeschichte, die zugleich poetisch und genau vom Leben auf See, von Männer- und Frauenrollen, Freiheit und Einsamkeit erzählt
Gianfranco Rosi filmte ein Jahr lang auf der Insel Lampedusa und zeigt mit ruhigem Blick ein Nebeneinander paralleler Welten, das zur Metapher für Europa wird: hier der beschauliche Alltag der Insulaner, dort die täglichen Tragödien der Flüchtlinge, die übers Meer kommen. »Seefeuer« ist nicht »der Film zur Flüchtlingskrise«, sondern eine aufwühlende filmische Reflexion über Mitmenschlichkeit und Ignoranz
Der französische Komiker Kheiron erzählt die Geschichte seiner Familie und spielt darin seinen eigenen Vater: Politische Verfolgung im Iran, Flucht nach Europa und der schwierige Neuanfang in der Pariser Banlieue werden in »Nur wir drei gemeinsam« zu einer schwungvollen Komödie mit ebenso viel Sarkasmus wie Gefühl
Die Schauspielerin Mélanie Laurent und der Aktivist Cyril Dion suchen in ihrem Dokumentarfilm »Tomorrow« nach Lösungen für die großen Probleme unserer Zivilisation – und finden sie. Trotz zahlreicher wichtiger Denkanstöße ein dürftiger Film
Ein Wochenende bleibt ein paar jungen Baseballern im Jahr 1980 bis zum Start ins erste Collegejahr, Tage voller Partys und Musik, Hahnenkämpfe und Kameraderie. Richard Linklater schwelgt über lange Passagen etwas zu oberflächenverliebt im Flair einer vergangenen Ära