Patrick Seyboth

Filmkritiken von Patrick Seyboth

Ein Motivationstrainer in der Midlife-Crisis, ein Date mit einer lange Verflossenen und eine unverhoffte Begegnung, die so etwas wie Liebe auf den ersten Blick sein könnte... Charlie Kaufman erzählt seine tragisch-komische Geschichte »Anomalisa« mit Puppen und Stop-Motion-Technik und erschafft ein Universum hautnah an der Wirklichkeit – ein Kunstgriff mit ganz erstaunlichem Effekt
Jacques Audiard beginnt seine Geschichte über eine tamilische Zufallsfamilie mit falschen Pässen, die in einen trostlosen Vorort von Paris zieht, als Flüchtlingsdrama, erzählt sie als Liebesgeschichte weiter und lässt sie in einen Thriller münden. Über weite Strecken meisterhaft geschrieben und inszeniert, vielschichtig und poetisch, entgleist das Werk leider am Ende ins Kolportagehafte
Ein gut situiertes Ehepaar, ein wunderbares neues Zuhause – und ein merkwürdiger Bekannter, der nach und nach unangenehm wird: Joel Edgertons Regiedebüt beginnt als Ansammlung von Klischees, entwickelt sich bald zu einem cleveren psychologischen Thriller voller fieser Überraschungen
Eine Coming-of-Age-Geschichte aus dem ländlichen Äthiopien um einen Neunjährigen auf der Suche nach Heimat und Geborgenheit. In wunderschönen Bildern fotografiert, überzeugt »Ephraim und das Lamm« mit ruhigem, genauem Blick für gesellschaftliche Verhältnisse und öffnet sich zugleich dem Märchenhaften
Von zehn Tagen im Leben des Sergej Eisenstein und dessen Begegnungen mit Sex und Tod in Mexiko erzählt Peter Greenaway in seinem erstaunlich zugänglichen neuen Film. Visuelle Verspieltheit und Dekonstruktion gehen Hand in Hand mit klassischem, farbenprächtigem Erzählkino, und auch der quirlige Hauptdarsteller Elmer Bäk sorgt für Schwung und Humor
Pan
Mit einem Feuerwerk an 3D-Effekten und Actionszenen erzählt der Film von einem Londoner Waisenjungen namens Peter Pan, der ins phantastische Neverland entführt wird und dort jede Menge Abenteuer erlebt. Für den Zuschauer ist das eine eher zähe Angelegenheit, da das formelhafte Abspulen von Standardsituationen jede über das Visuelle hinausgehende Inspiration vermissen lässt
Ohne dessen schrille Bilder, doch nicht weniger aufwühlend als »The Act of Killing« erzählt Joshua Oppenheimers Nachfolgeprojekt aus der Perspektive der Opfer des indonesischen Genozids. Gemeinsam mit seinem Protagonisten, der die Mörder seines Bruders mit ihrer Schuld konfrontiert, blickt er tief in die Psyche eines Landes, in dem noch immer die Täter die Deutungshoheit innehaben
Ein weiteres Remake, das man sich hätte sparen können. Trotz eines zünftig abgründigen Psychopathen hat die böse Satire auf Familienidyll und Wohlanständigkeit die Zähne verloren: »The Stepfather«
Die Fotoserie, die Dennis Stock 1955 von James Dean aufnahm, wirkte an dessen Kultstatus maßgeblich mit. Anton Corbijn rekonstruiert deren Entstehung, porträtiert Dean und Stock sowie deren Welt in ausgesucht schönen Bildern. Doch nur in wenigen Momenten gelingt es ihm, über gediegenes Reenactment hinauszugehen
Das große Fest zum 45. Hochzeitstag steht bevor, da erreicht eine Nachricht das alte Ehepaar Kate und Geoff, die nach und nach ihre ganze Beziehung in Frage stellt. Charlotte Rampling und Tom Courtenay machen diese Geschichte vom Einbruch der Vergangenheit in die Gegenwart zu großem Schauspielerkino, Regisseur Andrew Haigh mit seiner assoziationsreichen, in jedem Detail stimmigen Inszenierung zu einem eindrucksvollen Kunstwerk