Apple TV+: »Steve!«

»Steve! (Martin): Ein Porträt in zwei Teilen« (2024). © Apple TV+

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Slapstick, Scheitern und spätes Glück

Gerade wenn man der ewigen Biopics überdrüssig ist, kommt etwas wie Morgan Nevillles »Steve! (martin): Ein Porträt in zwei Teilen« heraus und zeigt, wie lebendig und aufschlussreich das Genre doch sein kann. Wie inzwischen üblich, wenn es um Hollywoodstars und Prominente geht, ist auch »Steve!« in enger Kooperation mit seinem »Gegenstand« entstanden. Und wie schon im Fall von »Beckham«, »Still: A Michael J. Fox Movie« oder »Pretty Baby: Brooke Shields« zu sehen, hat das auch Vorteile. Was der kooperative Ansatz an Objektivität aufgibt, holt er an ungewöhnlichen Einblicken wieder herein. Im Fall von »Steve!« wird so ein Durchgang durch das Leben und Werk des Stand-up-Comedians und Schauspielers möglich, der auf überraschende Weise anrührt. Selbst Fans oder Lesern seiner 2007 erschienenen Autobiografie »Born Standing Up« erschließt sich in Nevilles Dokumentation einiges Neues.

Der Aufbau des Porträts ist ungewöhnlich. Nicht weil es mit insgesamt 191 Minuten Laufzeit fast Frederic Wisemansche Ausmaße annimmt, sondern weil es aus zwei Filmen besteht, die sich zwar gut ergänzen, aber auf fast irritierende Weise unterschiedlich sind. Teil 1 mit dem Titel »Then« ist die »klassischer« strukturierte Hälfte: Mit vielen großartigen Fundstücken unter anderem aus Steve Martins eigenem Archiv rekapituliert der Film die Karriere, von den Anfängen als Jugendlicher in Disneyland, über die Stand-up-Comedy-Szene Kaliforniens in den 60er Jahren bis hin zum großen Durchbruch Mitte der 70er. Ungeheuer eindrücklich lässt sich anhand der alten Aufnahmen Martins Entwicklung nachvollziehen: Da ist der charmante, unpolitische Slapstick-Komiker, der viel mit seinem Körper macht und sich gerne verkleidet. Erst als er mit zunehmendem Alter etwas von der »Harmlosigkeit« seiner Ausstrahlung verliert, kommt der Erfolg – dass Martin schon mit Mitte 20 graue Haare bekam, hat ihm in dieser Hinsicht nur geholfen. Die alten Aufnahmen werden an vielen Stellen von Tagebucheinträgen und Notizen von Martin selbst kommentiert und man versteht, wie viel ihm an einer Art »Meta-Komik« lag, an einer Comedy-Routine, die Comedy-Traditionen reflektierte und durchschaute. Welche Massen Martin als Stand-up-Comedian in den USA damit schließlich anzog, überrascht sicher viele: Ganze Stadien konnte er füllen; seine Markenverkleidungen – der Pfeil durch den Kopf, die große Nase mit Schnurrbart – waren Kultgegenstände. Und dann hörte er Anfang der 80er mit Stand-up einfach auf.

Der zweite Teil, »Now«, zeigt den Steve Martin von heute und blickt mit ihm zusammen auf seine sehr durchwachsene Filmkarriere seit den 80ern zurück. Dabei kommen private Dinge zur Sprache wie seine fast lebenslange, große Einsamkeit und sein schwieriges Verhältnis zum eigenen Vater. Gleichzeitig sieht man ihn auch in seinem späten Glück als Ehemann und Vater – und als Freund und Kollege von Martin Short. An den Szenen, in denen man die beiden Alten bei Arbeit oder Freizeit zusammen sieht, kann man sich kaum sattsehen.

OV-Trailer

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