Patrick Seyboth

Filmkritiken von Patrick Seyboth

Matteo Garrone vereint drei neapolitanische Märchen aus dem 17. Jahrhundert zu einem stilsicheren, grausam-schönen Reigen der menschlichen Abgründe und der Magie. Fern von Hollywood-Fantasy verzichtet er auf Didaktik zugunsten von Ambivalenz
Noch deutlicher als bei Teil 1 zeigt sich in »Ted 2«, dass Seth MacFarlanes Prämisse vom ungehobelt-prolligen Teddy mit der Vorliebe für Sex und Marihuana nicht für mehr reicht als eine Handvoll gelungener Gags. Der Rest sind bloß lieblose, unoriginelle und wenig clevere Plattheiten, über die auch prominente Gaststars und massenweise Popkultur-Anspielungen nicht hinwegtäuschen können
Mit Witz und unverhohlener Regimekritik serviert der iranische Regisseur Jafar Panahi sein Roadmovie, in dem er selbst als Taxifahrer wechselnde Fahrgäste durch Teheran kutschiert. Die dokumentarische Form von »Taxi Teheran« füllt er auch mit Inszenierungen und zeichnet so aus der Enge eines Autos heraus ein vielschichtiges, höchst unterhaltsames Gesellschaftspanorama
Das Regiedebüt des Schauspielers Andrea Di Stefano erzählt von Pablo Escobar in Form eines Thrillers um einen naiven jungen Surfer, der in die Familie des brutalen Drogenbarons „gerät“. Trotz einiger Schwächen eine vor allem dank Benicio del Toro faszinierende Reflexion über Naivität und das Böse – und überaus spannend, insbesondere in der zweiten Hälfte
In seinem Noir-Drama erzählt der indische Regisseur Kanu Behl von einem jungen Mann, der aus dem Elend und der Gewalt der Slums in ein anderes Leben ausbrechen will. Als Gesellschaftsporträt interessant, zeichnet der raue, weitgehend trostlose Film die meisten Charaktere zu ungenau, um wirklich zu berühren
Ein visuell grandioses, bewegendes Filmpoem über einen jungen Marokkaner, der auf einem Windsurfbrett nach Europa gelangen will. Mit wenigen Worten erzählt der Holländer Jan-Willem van Ewijk von der Sehnsucht nach der Ferne, nach einem anderen Leben – und von der Weite des Ozeans zwischen den Welten. Über seine lyrischen Qualitäten hinaus ein starkes humanistisches Statement
Die dämonische Gestalt aus einem Kinderbuch bricht ins Leben einer alleinerziehenden Mutter und ihres kleinen Sohnes ein. Psychologisch ungewöhnlich genau gezeichnet hätte der Film auf ein paar Horrorkonventionen verzichten können, erzählt aber dennoch sehr überzeugend von Überforderung und existenziellen Ängsten
Ein Filmemacher will den spektakulären Mordfall um Amanda Knox zu einem Drehbuch verarbeiten – in Michael Winterbottoms Film der Ausgangspunkt für eine Reflexion darüber, wie Wahrheit konstruiert wird. Zwischen Thriller-Elementen und Metaebenen verliert sich der Film etwas im Dickicht der Indizien, nimmt aber eine beachtliche, konsequente Wendung
In seinem Drama um verdrängte Schuld und späte Sühne verknüpft Stephan Komandarev die Flüchtlingsnot von einst und heute an der bulgarisch-türkischen Grenze. Schade nur, dass der Plot um einen Mann, der aus materieller Not zum Schleuser wird, am Ende allzu aufdringlich zugespitzt wird
Eine Groteske über die Flucht eines jungen Mannes aus der Hippie-Provinz ins wilde Punk-Berlin, Anfang der 1980er Jahre. Grell und derb, kunterbunt und dann wieder schwarzweiß zeichnet Oskar Roehler ein Panoptikum schräger Typen, die sich treiben lassen. Das tolle Ensemble, bizarre Momentaufnahmen, der Mut zur Hässlichkeit und die melancholische Grundierung entschädigen für den Mangel an Spannung und Drive