DVD-Tipp: »Gesprengte Ketten« (1963)

»Gesprengte Ketten« (1963). © Capelight Pictures

»Gesprengte Ketten« (1963). © Capelight Pictures

Hollywoodreifer Ausbruch

Wie macht man aus einer wahren Geschichte einen aufwendigen Hollywoodfilm für ein großes Publikum? »The Great Escape« (1963) ist dafür ein gutes Beispiel. Geschildert wird der Ausbruch von 67 britischen und amerikanischen Offizieren aus einem deutschen Kriegsgefangenenlager im März 1944. Sie waren hierher verlegt worden, weil sie schon mehrfach Ausbrüche unternommen hatten – und das sollte nach dem Willen des britischen Offiziers Bartlett auch so bleiben: »Der Aufwand an Menschen, den die Deutschen benötigen, um uns wieder einzufangen, fehlt ihnen in ihrer Kriegsmaschinerie!« 

Zwei Drittel seiner fast dreistündigen Laufzeit widmet der Film den Vorbereitungen, von der Materialbeschaffung bis zum Graben der Fluchttunnel. Das alles läuft mit der Präzision eines Uhrwerks ab, Rückschläge sind minimal, das macht den Film ein wenig eindimensional. Spannender wird es dann, wenn sich die Männer allein oder zu zweit in Deutschland Richtung Grenze bewegen – die die wenigsten erreichen. Dass 50 von ihnen von der Gestapo in einem Waldstück erschossen wurden, deutet der Film mehr an, als dass er es zeigt, die Musik, die auf einem fröhlichen Marsch basiert, sorgt auch am Ende des Films, wenn der amerikanische Protagonist (Steve McQueen) ins Lager zurückkehrt, für Optimismus und überdeckt die Frage: »War es den Preis wert?« Einer der damaligen Ausbrecher verneint sie in einer der beigegebenen Dokumentationen – in einer anderen fällt allerdings der bemerkenswerte Satz: »Für viele, die nach 1945 geboren wurden, war der Film das erste Mal, dass sie vom Zweiten Weltkrieg hörten.«

Vier Dokumentationen (1993 bzw. 2001, zusammen 150 Min.) setzen den Film in Beziehung zu dem realen Fluchtversuch und erwähnen die Hollywoodisierung des Stoffes – in Wirklichkeit waren keine Amerikaner an der Flucht beteiligt. Steve McQueens Figur ist ganz in der Gegenwart der Sixties zu Hause; immerhin sind die Deutschen keine Knallchargen. Der Audiokommentar, zu dem fünf Darsteller, vier Stabmitglieder und der Regisseur (in einem Audiointerview aus dem Jahre 1974) beitragen, ist eher anekdotenhaft angelegt, der Booklettext von Lucas Barwenczik vergleichsweise analytisch.


Gesprengte Ketten USA 1963 R: John Sturges. Da: Steve McQueen, James Garner, Richard Attenborough. A: Capelight Pictures.
VÖ: 22. September 2023

Bestellmöglichkeit (Mediabook)

 

 

Trailer

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt