Interview: Sofia Coppola über »Priscilla«

»Ähnlichkeit ist nicht so wichtig«
Sofia Coppola

Sofia Coppola, 1971 als Tochter von Eleanor und Francis Ford Coppola geboren, stand Sofia schon als Kind und Jugendliche vor der Kamera, unter anderem als Mary Corleone in »Godfather III«. 1999 stellte sie mit »The Virgin Suicides« ihr Regiedebüt vor. Mit »Lost in Translation« (2003) war sie als Regisseurin für einen Oscar nominiert, mit »Somewhere« (2010) gewann sie den Goldenen Löwen auf dem Filmfestival Venedig; in Cannes eroberte sie 2017 mit »The Beguiled« eine Palme als beste Regisseurin. Ihr letzter Film vor »Priscilla« war 2020 die Komödie »On the Rocks«, die der Streamindienst Apple TV+ herausbrachte

Ms. Coppola, Geschichten über Elvis Presley gibt es viele, doch Sie richten nun den Fokus auf seine Ehefrau Priscilla. Was hat Sie an dieser Frau gereizt?

Sofia Coppola: Prinzipiell finde ich die Lebensgeschichten von Frauen immer spannend, und bei der von Priscilla war ich ziemlich überrascht, wie wenig ich letztlich über sie wusste. Dass sie zum Beispiel noch zur Highschool ging, als sie schon mit Elvis in Graceland lebte, war mir nicht bekannt. Ich fand die Vorstellung, wie ihr Alltag damals war, ziemlich schräg. Außerdem stammt Priscilla aus der gleichen Generation wie meine Mutter, deren Realität sich sehr von meiner unterschieden hat. 

Frau zu sein hieß damals etwas anderes als heute?

Ja und nein. Auf jeden Fall war es in den 60er Jahren noch selbstverständlich, dass eine Frau eben keine Karriere und kein eigenes Geld hatte. Die Rollenbilder waren viel traditioneller aufgeteilt, und daraus auch nur ein bisschen auszubrechen, kostete viel mehr Kraft als heute. Meine Mutter etwa rang wirklich darum, selbst ein kreatives Leben zu führen, weil sogar in den 70ern viele noch davon ausgingen, dass eine Frau ihre Erfüllung darin findet, zu Hause einen erfolgreichen Mann zu haben. Nicht dass es nicht auch heute noch Frauen gibt, die sich ihren Männern unterordnen. Aber ich sehe doch große Unterschiede zu meiner Generation und erst recht der meiner Töchter.

Es ist gerade einmal anderthalb Jahre her, dass mit Baz Luhrmanns »Elvis« ein anderer Film vom King of Rock 'n' Roll erzählte. Hatten Sie keine Sorge, dass der Elvis-Appetit des Publikums gestillt sein könnte?

Nicht wirklich, denn als ich hörte, dass Baz diesen Film dreht, wusste ich sofort, dass das ein vollkommen anderes Projekt wird. Seine Herangehensweise und sein visueller Stil sind ja immer ganz unverwechselbar. Ich habe mich eher gefreut, dass sein Film Elvis wieder zum Gesprächsthema macht und ich dann ein wenig später daran anknüpfen und eine andere Seite der Geschichte zeigen kann.

Spielte die Musik von Elvis in Ihrem Leben eine Rolle?

Eigentlich nicht. Es ist nicht so, dass meine Eltern Fans gewesen wären. Aber natürlich ist Elvis eine solche Ikone, dass man ihm in meiner Kindheit und Jugend nicht entkommen konnte. Und als Künstler bewundere ich ihn auch heute noch.

In »Priscilla« kommen seine Songs nun allerdings praktisch nicht vor . . .

Es ist nicht so, dass ich nicht gern den einen oder anderen verwendet hätte. Aber wir bekamen keine Genehmigung dafür. Mein Film ist ausschließlich in Zusammenarbeit mit Priscilla Presley entstanden, während es mit Elvis' Nachlassverwaltern keinerlei Kollaboration gab. Sie hatten wohl Sorge, dass einige Details der Geschichte seinem sorgsam kuratierten Image schaden könnten. Jedenfalls verweigerten sie mir die Musikrechte. Stattdessen musste ich mir auf andere Weise zu helfen wissen, wenn es darum ging, ein Gespür für die Zeit und sein Werk heraufzubeschwören. »Love Me Tender« zum Beispiel basiert auf einem alten Bürgerkriegssong, der rechtefrei ist. Und mein Mann und seine Band Phoenix halfen mir dabei, andere stimmige Songs aus jener Zeit auszuwählen.

Welche Rolle fanden Sie schwieriger zu besetzen, Priscilla oder Elvis?

Beide waren wirklich nicht ohne. Bei ihr lag die erste Schwierigkeit darin, dass ich eine Schauspielerin finden wollte, die Priscilla als 14-jährige Schülerin genauso spielen kann wie am Ende des Films, wo sie 28 Jahre alt ist. Dann erzählte mir jemand von Cailee Spaeny. Meine Freundin Kirsten Dunst hatte gerade mit ihr gedreht und schwärmte. Kirstens Urteil vertraue ich. Und weil Cailee so ein Babyface hat, glaubte ich auch sofort, dass sie Priscilla als Teenager glaubwürdig verkörpern könnte. Meine Sorge war nur, dass die Produzenten darauf bestehen würden, dass ich jemanden Berühmtes engagiere. Doch zu meiner Freude ließen sie mich machen. Ich glaube, dass es ein Vorteil ist, in dieser Rolle jemanden zu sehen, mit dem man nichts anderes verbindet, keinen anderen Film und auch keine Schlagzeilen.

Elvis wird verkörpert vom australischen »Euphoria«-Shootingstar Jacob Elordi, der nicht wirklich aussieht wie Elvis.

Stimmt, aber wer sieht schon aus wie Elvis? Ich fragte ein paar Freunde, wer ihnen in den Sinn käme, der zumindest ein bisschen was von Elvis oder ein ähnliches Charisma hat. Die Essenz von Elvis war mir letztlich wichtiger als Ähnlichkeit. Als ich mich mit Jacob das erste Mal traf, drehten sich alle Mädchen im Restaurant nach ihm um. Das war schon mal super. Und weil es in meiner Geschichte nicht um Elvis als Performer, sondern um sein Privatleben geht, brauchte ich auch jemanden, der vor allem eine sensible Seite hat, was Jacob ebenfalls erfüllte. Er ist nur verdammt groß. Für viele Szenen mussten wir Cailee auf Kisten stellen – und sie sieht neben Jacob immer noch winzig aus.

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