06/2016

»A Star Is Born« – Fernsehrollen waren mal Karrierekiller für ambitionierte Schauspieler. Das ist heute anders. Populäre TV-Shows wie enthüllen Talente. Serienweise. Unsere Autoren porträtieren Serienstars, die gerade im Gespräch sind »Game of Thrones«, »Mad Men« oder »The Walking Dead« +++ 

»Bis zum Pazifik« – Filme über Dichter und Denker sind schwer zu machen. Maria Schrader ist es gelungen.
In ihrer zweiten Regiearbeit »Vor der Morgenröte« porträtiert sie überzeugend Stefan Zweig im Exil. Ein Interview +++ 

»Das macht uns jetzt betroffen« – Klar ist es gut, Zeichen gegen schlechte Politik zu setzen. Aber man kann über den Trend zur bloßen Geste im neuen Dokumentarfilm auch streiten +++

In diesem Heft

Tipp

Der Bayerische Rundfunk gibt an diesem Tag Komponisten und Filmemachern, aber auch Journalisten, Musikverlegern und Fans die Möglichkeit, sich auszutauschen und zu informieren. Die Teilnahme ist kostenfrei. Abgeschlossen wird der Tag mit einem Konzert
Das zweitgrößte Filmfestival in Deutschland bietet seinen Zuschauern auch heuer wieder ein abwechslungsreiches Programm. Traditionelle Schwerpunkte sind das internationale Programm, das Kinderfilmfest, und die neuen deutschen Filmen gewidmete Sektion
Schon seit 1994 werden jährlich an zwei Tagen im Rüsselsheimer Theater die besten satirischen Kurzfilme gezeigt und prämiert. Gefördert wird die Veranstaltung von der Stiftung Cinema Concetta, die damit jährlich an das Flugzeugunglück von 1991 erinnern möchte, bei dem das Cinema-Concetta-Filmteam ums Leben kam
Um den »Filmkunstpreis« konkurrieren in diesem Jahr 24 Spielfilme, darunter fünf Weltpremieren und eine Deutschlandpremiere. Daneben werden unter dem Motto »Lichtblicke« herausragende deutsche Produktionen vorgeführt, die man bislang nicht in der Region sehen konnte
Der Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf der Unterwelt von Japan. Die überwiegend ehrenamtlich tätigen Veranstalter haben sich als Ziel gesetzt, die Vielfalt des japanischen Gangsterkinos aufzuzeigen, und viele aktuelle japanische Produktionen für ihr Programm ausgewählt
Anlässlich seines 75. Geburtstags honoriert die Deutsche Kinemathek in Zusammenarbeit mit dem Bundesplatz-Kino Gerd Conradt mit einer Werkschau ausgewählter Filme. Der Videopionier, vor allen Dingen für seine Porträts in Form von Langzeitdokumentationen bekannt, wird bei allen Vorstellungen anwesend sein
Seit über 20 Jahren bietet das Festival dem jüdischen und israelischen Film ein Forum – in diesem Jahr war es durch eine unbegreifliche angedrohte Mittelkürzung in den Fokus geraten. Die Filmauswahl reicht vom Dokudrama The Eichman Show mit Martin Freeman über den israelischen Filmhit Zero Motivation bis zur feinen Dramaserie The Honourable Woman; besonderes Augenmerk liegt auf »Jüdischen Lebensläufen«
Insgesamt 24 Filme sollen an den beiden Veranstaltungstagen gezeigt werden. Nicht das Budget ist wichtig; was zählt, sind die Leidenschaft und der Spaß, den die internationalen Macher bei der Produktion hatten – und die hoffentlich auf das Publikum abfärben werden
Aktuelle Produktionen aus Kuba, Konzerte und Lesungen stehen auch dieses Jahr wieder auf dem Programm. Des Weiteren findet zum bereits achten Mal ein Kurzfilmwettbewerb statt
Das beliebte Publikumsfestival zeigt vornehmlich Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme aus dem Nordwesten Europas und aktuelle deutsche Produktionen, darunter in diesem Jahr Der Nachtmahr. Gepflegt wird traditionell auch der britische und irische Schwerpunkt im Programm – so dass sich das Filmfest mittlerweile als Förderer britischer Filmkultur in Deutschland betrachten kann. Workshops und Filmgespräche ergänzen das Programm
Made in Disneyland: Der Spielfilm »Escape from Tomorrow« wurde komplett im Freizeitpark gedreht
Die Schauspielerin Mélanie Laurent und der Aktivist Cyril Dion suchen in ihrem Dokumentarfilm nach Lösungen für die großen Probleme unserer Zivilisation – und finden sie
Zu Gast in der Reihe "Was tut sich – im deutschen Film?": Am Mi. den 1. Juni spricht Akiz in Frankfurt mit epd Film-Autor Ulrich Sonnenschein über »Der Nachtmahr« (Start: 26.5.)

Thema

Früher konnten TV-Stars im Kino nichts werden. Heute läuft das ganz anders – vor allem für die Schauspieler aus der Kultshow »Game of Thrones«
Filme über Dichter und Denker sind schwer zu machen. Maria Schrader ist es gelungen. In ihrer zweiten Regiearbeit »Vor der Morgenröte« porträtiert sie überzeugend Stefan Zweig im Exil. Ein Interview mit Rudolf Worschech
Imogen Poots gehört zu den neuen englischen »posh actors«: Eltern in der Kulturszene, Privatschulen. Das merkt man in ihren Filmen aber gar nicht so. Da überrascht Poots immer wieder – wie jetzt als Nazibraut in dem Thriller »Green Room«
Die Dokumentarfilmproduktion läuft heiß: ­jeden Monat neue Filme über Ökokollaps und Politelend. Gut gemeint sind sie alle. Aber sind sie auch gut ­gemacht? Matthias Dell über die feinen Unterschiede
... und schickt sie ins Kino. Bei den Videospielverfilmungen bewegt sich etwas. Arthouse-Regisseure steigen ins Geschäft ein, und das erfolgreiche Marvel-Modell hilft beim Worldbuilding. Wie jetzt bei »Warcraft
Unsere "Steile These" des Monats Juni

Meldung

Das Frauenfilmfestival Köln widmete sich dem Filmschaffen von Frauen in Mexiko und setzte einen Schwerpunkt auf Coming-of-Age-Filme
Einen Schwerpunkt auf das Genre-Kino setzte das diesjährige Wiesbadener goEast-Festival – ohne dabei seinem traditionell politischen Anspruch untreu zu werden
Die Oberhausener Kurzfilmtage sind die wichtigste Veranstaltung zur kurzen Form in Deutschland. Bei der 62. Ausgabe beeindruckten vor allem Nebenreihen
Das Frauenfilmfestival Köln widmete sich dem Filmschaffen von Frauen in Mexiko und setzte einen Schwerpunkt auf Coming-of-Age-Filme
«Crossing Europe«, das Filmfestival im österreichischen Linz, ­beeindruckte auch 2016 wieder mit Neuentdeckungen, dazu mit einer bewegenden Retrospektive, die das Zurückschauen zum Prinzip erhob
Anne Ratte-Polle,*1974, spielt viel Theater, vor allem in Berlin. Im Kino war sie in »Die Nacht singt ihre Lieder«, »Willenbrock« und »Sibylle« zu sehen. Jetzt läuft ihr aktueller Film »Wanja« an

Filmkritik

Die Schauspielerin Mélanie Laurent und der Aktivist Cyril Dion suchen in ihrem Dokumentarfilm »Tomorrow« nach Lösungen für die großen Probleme unserer Zivilisation – und finden sie. Trotz zahlreicher wichtiger Denkanstöße ein dürftiger Film
»Der Moment der Wahrheit« ist ein gut gespieltes, aber politisch unangenehm einseitiges Drama, das seine Protagonisten zu Unrecht als Märtyrer stilisiert und dadurch wie ein billiges Nachtreten gegen Expräsident Bush wirkt
Ein Wochenende bleibt ein paar jungen Baseballern im Jahr 1980 bis zum Start ins erste Collegejahr, Tage voller Partys und Musik, Hahnenkämpfe und Kameraderie. Richard Linklater schwelgt über lange Passagen etwas zu oberflächenverliebt im Flair einer vergangenen Ära
Nach einer wahren Geschichte wird vom neuseeländischen Schachchampion Genesis Potini erzählt, der nach längerer Zeit in der Psychiatrie seine Fähigkeiten an unterprivilegierte Jugendliche weitergibt. Nicht zuletzt die eindringliche Verkörperung der Hauptfigur durch Cliff Curtis bewahrt den Film davor, Wohlfühlkino zu produzieren
»Erlösung«, der dritte Teil von Jussi Adler-Olsens Thrillerreihe um den arg depressiven Kommissar Mørck, bietet viel Krimiroutine, ein spannendes Ermittlerduo und eine recht krude und schamlos aus bekannten Versatzstücken zusammengeschusterte Story
Das Miteinander von Zombiefilm und Kostümdrama wird in der »Mash-up«-Horrorkomödie »Stolz und Vorurteil & Zombies« mit einem ironischen Ernst inszeniert, der ziemlich gewagt scheint
Eine Mischung aus Tarantino und Ikea-Regal verspricht der Titel, im Film aber steckt eine kleine Entführungsgeschichte mit Widerhaken. »Kill Billy« ist charmant erzählt und unverfroren kühl
Nach längerem Gefängnisaufenthalt will die ehemals drogensüchtige Wanja wieder in der Gesellschaft Fuß fassen. Auf einem Pferdehof lernt sie die absturzgefährdete jüngere Emma kennen und versucht, ihr zu helfen. Ein nüchtern inszeniertes Drama, das von Anne Ratte-Polles Schauspiel ebenso wie von Hellsgårds geduldiger Beobachtung lebt
Dass schon der Grundplot – wohlhabender unglücklicher Mann findet dank einer eigenwilligen Frauenbekanntschaft einen Ausweg – ein Klischee ist, ist eine Sache. Dass es Jean-Marc Vallée allerdings nicht einmal gelingt, seine Figuren und ihre Probleme in »Demolition: Lieben und Leben« authentisch wirken zu lassen, eine ganz andere
»Schau mich nicht so an« ist ein emotionaler Debütfilm einer jungen Deutsch-Mongolin, der die Zerrissenheit zwischen zwei Welten aus dem individuell Inneren heraus erzählt
Eine Post-Punk-Band im blutig-existenziellen Kampf mit White-Power-Skins, deren charismatischer Anführer von »Star Trek«-Ikone Patrick Stewart verkörpert wird. Jeremy Saulniers harte Mixtur aus düsterer Rock-'n'-Roll-Fantasie und bizarr-amerikanischem Backwoods-Horror wirkt in seiner Suche nach Authentizität manchmal gewollt: »Green Room«
Anhand von sechs Momentaufnahmen aus den Jahren, die der Schriftsteller Stefan Zweig im amerikanischen Exil verbrachte, stellt Maria Schrader in »Vor der Morgenröte« die Frage nach der politischen Verantwortung des Künstlers. Die zweite Regiearbeit der Schauspielerin überzeugt durch ihre große, elegante Formenstrenge und vorzügliche Besetzung
Idris Elba kommt als CIA-Agent in Paris einer blutigen Verschwörung auf die Spur. »Bastille Day« ist ein in den Actionszenen solide inszenierter, ansonsten aber hölzern gespielter und vollkommen unglaubwürdig konstruierter Actionkrimi auf besserem Fernsehniveau
Shane Black setzt erneut auf die bewährten Strukturen der Buddy-Komödie. Das 70er-Jahre-L.A.-Setting und die fantastische Chemie zwischen Russell Crowe und Ryan Gosling machen »The Nice Guys« zum Vergnügen
Das Porträt der jüdischen Fotografin Abisag Tüllmann ist eine gelungene Mischung aus Hommage an eine Freundin und filmischem Essay
In seiner Verfilmung von Peter Stamms gleichnamigem Debütroman lotet Johannes Schmid das tückische Verhältnis von Wirklichkeit und Fiktion im literarischen Schöpfungsprozess auf vieldeutige Weise aus: »Agnes«
Die Malerin O-Ei stand stets im Schatten ihres berühmten Vaters, des Meisters Hokusai. Mit leichter Hand rehabilitiert Keiichi Haras Animationsfilm »Miss Hokusai« nun die vergessene Künstlerin, spürt ihrem Leben außerhalb der Konventionen und dem Geheimnis ihres Schaffens nach: eine lebhafte, atmosphärische Zeitreise in das Japan des 19. Jahrhunderts
In ihrem Debütfilm »Sworn Virgin« erzählt die junge italienische Regisseurin Laura Bispuri mit einer kargen poetischen Ästhetik eine ungewöhnliche Aufbruchsgeschichte aus inneren und äußeren patriarchalischen Zwängen zwischen archaischen Balkantraditionen und italienischem Spätkapitalismus
Autobiografisch motivierter Abenteuerfilm über zwei beste Freunde und ihren besten (weil einzigen) gemeinsamen Sommer. »Mikro & Sprit« ist ein charmantes Roadmovie in Zeitlupe durch Frankreichs Hinterland
Eine frustrierte Texterin bei einem großen TV-Sender nimmt eine Stelle als Auslandskorrespondentin in Kabul an. »Whiskey Tango Foxtrot« ist eine biedere Kriegskomödie mit Tina Fey, die trotz guter Absichten in die Stereotypenfalle tappt
Auf einem Ferientrip in den USA bricht eine Frau aus ihrer Ehe aus und beginnt eine romantische Selbstfindungsodyssee. Trotz Ungereimtheiten ist »Sky – Der Himmel in mir« ein atmosphärisches Drama mit Diane Kruger als anmutiger Heldin
Andreas Grubers Notizen aus der oberösterreichischen Provinz entlarven in »Hannas schlafende Hunde« den Antisemitismus als atmosphärisch stimmige Horrorshow
Das Remake des oscarprämierten argentinischen Thrillers »El secreto de sus ojos« mit Chiwetel Ejiofor, Julia Roberts und Nicole Kidman erzählt von einem Mord – und der gesellschaftlichen Paranoia kurz nach den Anschlägen vom 11. September. »Vor ihren Augen« ist bestenfalls solide Filmkunst, die aber nicht an das Original heranreicht
Der unerwartete wirtschaftliche Erfolg einer neu eröffneten Musikkneipe zieht zwei ungleiche Brüder in einen Sog aus Exzessen und persönlichem Scheitern. »Café Belgica« ist grandioses Autorenkino aus Belgien
Eigentlich ist die Rolle des Literaturprofessors, der sein Lotterleben für eine Familiengründung aufgeben will, ideal für Pierce Brosnans selbstironische Post-007-Phase. Regisseur Tom Vaughan aber kann den ­Figuren in »Professor Love« nichts abgewinnen
Maya Newell ist es bei »Gayby Baby« in doppeltem Sinn gelungen, die Normalität von Regenbogenfamilien nachzuzeichnen – denn sie sind einfach genau so nervig wie andere dysfunktionale Kleinfamilien auch
Mia Maariel Meyer erzählt in »Treppe aufwärts« eine Geschichte von Automatenspielsucht und ihren Folgen. Der lakonische, ungeschönte Naturalismus des Films bewahrt vor wohlfeilem Sozialpathos und thesenhaften Deutungsmustern
Die Wiedervereinigung von George Clooney und Julia Roberts vor der Kamera in Jodie Fosters vierter Regiarbeit »Money Monster« kann über manche Flachheit dieses angestrengt kritischen Thrillers hinweghelfen
Android ID 722 ist ein Paketbote, der mit einem Raumschiff an die einsamsten Orte des Universums reist, um den dorthin evakuierten letzten Menschen scheinbar bedeutungslose Dinge zu überbringen. »The Whispering Star« ist eine minimalistische Weltraumoper, die den Opfern des Tohoku-Erdbebens und Tsunamis aus dem Jahr 2011 ein würdevolles Denkmal setzt
Wie schon in seinem preisgekrönten »Maidan« konzentriert sich der ukrainische Dokumentarist Sergei Loznitsa auf die Ereignisse in den Straßen, hier während des Moskauer Putschversuchs im August 1991. Die ausgefeilte Tonmontage verleiht dem Archivmaterial in »The Event« eine dramatische Dringlichkeit
Die Fortsetzung der Comic-Saga ist von neuen Gesichtern und alten Konflikten geprägt. Trotz eines unerwartet trashigen Handlungsantriebs überzeugt »X-Men: Apocalypse« durch ansprechend schwermütige Charaktere und eine bei allem computeranimierten Bombast elegante Inszenierung
Selten war das Klischee von der Fortsetzung, die letztlich nur noch mehr vom Gleichen ist, so wahr wie hier. Zwar ersetzt James ­Bobin dieses Mal Tim Burton, doch zu bunt, zu rastlos und zu uncharmant ist auch dieser Teil von »Alice im Wunderland«, der einmal mehr Fantasie mit einem Übermaß an CGI verwechselt. Und Johnny Depp als Hutmacher nervt noch immer
Aus ideologischen Gründen kommt es in »The First Avenger: Civil War« einem Zerwürfnis, das zu einer Spaltung der Gruppe führt, die wiederum epische Großschlachten nach sich zieht, in denen die von Captain America respektive Iron Man angeführten Superhelden sich gegenseitig schlimm vermöbeln. Spiderboy und Antman sorgen für nerdig-gute Laune, Daniel Brühl in der Rolle des Finsterlings für den Tiefgang. Was will man mehr?

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