Netflix: »3 Body Problem«

»3 Body Problem« (Serie, 2024). © Ed Miller/Netflix

© Ed Miller/Netflix

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Die Science-Fiction-Serien dieser Tage gleichen immer öfter einer Art Studium: Vom Zuschauer wird gefordert, er solle seine Hausaufgaben machen. Das Ausgangsmaterial lesen, die Prämisse kennen, die Details der einzelnen Folgen einordnen und deuten können, so in etwa lautet die Liste dessen, was vor und während des Schauens zu erledigen wäre. Zur Nachbereitung wird empfohlen, einschlägige Podcasts zu hören oder Reddit-Foren zu konsultieren. Das alles natürlich streng freiwillig. Wer mitreden möchte, hat sich oft bereits so sehr in den Stoff vertieft, dass ein Urteil über das Vergnügen am Schauen sich schon fast erledigt hat.

»3 Body Problem«, die heiß erwartete neue Serie der »Game of Thrones«-Kreatoren David Benioff und D. B. Weiss, die hier zusammen mit Alexander Woo ein kultiges chinesisches Sci-Fi-Epos adaptiert haben, ist nicht ganz frei von der Leistungsnachweis-Anmutung. Man muss aber das titelgebende »Dreikörperproblem« aus dem Bereich der Himmelsmechanik nicht wirklich verstanden haben, um mit der Handlung mitzukommen. Tatsächlich stachelt ein gewisses Nichtverstehen auch das Interesse an für einen Plot, der Geschehnisse während der chinesischen Kulturrevolution der 1960er Jahre mit solchen einer »nahen Zukunft« verbindet, in der sich auf der Erde Zeichen mehren, die auf eine Invasion durch Außerirdische hindeuten.

Ungewöhnlich und disparat erscheinen die einzelnen Stränge zunächst. Da gibt es grausame Szenen eines öffentlichen Tribunals in Peking, bei dem ein Astrophysiker auf offener Bühne zu Tode geprügelt wird, vor den Augen seiner Tochter unter dem versammelten Volk. In der Gegenwartshandlung kommt es zu einer Reihe von spektakulären Suiziden unter Wissenschaftlern. Von weltweiten Fehlfunktionen in Teilchenbeschleunigern ist die Rede, und in Großbritannien beginnt ein kauziger Ermittler (Benedict Wong) im Auftrag einer ominösen Autorität (Liam Cunningham), Zeugen zu vernehmen, im launigen Stil eines Film-noir-Detektivs. Eine Topphysikerin, die sich umgebracht hat, hat zuvor ein Computerspiel gespielt. Das Headset gleicht einem Stück Technik von einem anderen Stern. Eine ihrer begabtesten Studentinnen bekommt es in die Hände und sieht sich im Spiel in eine neue Welt versetzt, die von diversen Umweltkatastrophen heimgesucht wird und von ihr als Spielerin ein ums andere Mal Rettung erwartet.

Das Chaos dieser einzelnen Handlungsstränge ordnet sich nach und nach. Als zentrale Figuren rücken fünf Studienfreunde in den Fokus, die ihre Hochbegabung im Fach Physik in sehr unterschiedliche Berufskarrieren umgesetzt haben – was ihnen je andere Einblicke in die kommende Katastrophe und völlig divergente Ansichten über die Möglichkeiten ihrer Vermeidung verschafft.

Man kann der Serie einige Unzulänglichkeiten ankreiden sowohl in der mauen visuellen Gestaltung als auch in der flachen Psychologie der Figuren. Aber als Vision dessen, wie unwägbar die Begegnung mit einer außerirdischen Zivilisation ablaufen könnte, ist »3 Body Problem« erfrischend anders.

OV-Trailer

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