Kritik zu Rickerl – Musik is höchstens a Hobby

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Adrian Goigingers Vater-Sohn-Geschichte wird unter anderem deshalb besonders, weil Voodoo Jürgens sie mit großartigen Songs über den Durchschnitt hinweghebt

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Wenn es jemals einen Preis für die beste Schlussszene geben sollte, Adrian Goiginger hätte ihn verdient. Und das Schöne ist, dass sie in der Beschreibung nichts von dem verliert, was sie auf der Leinwand auszeichnet. Dort sitzt ein kleiner Junge im Pyjama auf dem Bett und spielt ein eigenes Lied auf der Gitarre. Mehr nicht. Und doch findet sich in dieser Szene der Kern eines Films, der von der komplexen Beziehung zwischen Vätern und Söhnen, Männern und Frauen und der bedingungslosen Liebe zu einer Musik erzählen will, die etwas despektierlich Austropop genannt wird. 

Rickerl (Voodoo Jürgens) ist ein eigentümlicher, drastischer und in allem ehrlicher Liedermacher, der zwar in seinen Liedern aufgehen kann, jedoch nicht in der Lage ist, sie zum Erfolg zu führen. Statt ein Radiointerview zu geben, geht er lieber mit seinem Sohn in den Park. Die Songs mit den genialen Texten finden sich auf zerknitterten Zetteln am Boden seines Gitarrenkoffers, und die Jobs, die ihn über Wasser halten könnten, verliert er binnen weniger Tage. Auch seine Frau hat ihn verlassen. In der schicken Villa eines »gstopften Piefkes« hat sie sich für ein Leben in Sicherheit, aber ohne große Emotionen entschieden. Einzig sein Sohn hängt an ihm und vertraut ihm in jeder Hinsicht. Als er dann aber auch noch seine Gitarre verliert und damit seinen Sohn in Gefahr bringt, ist der finale Abgrund bereits in Sichtweite. 

Adrian Goiginger mag autobiografische Geschichten. Sein eigenes Leben als Sohn einer Drogenabhängigen verfilmte er hochgradig authentisch in »Die beste aller Welten«, eine Geschichte seines Großvaters in »Der Fuchs«. Hier nahm er sich nun einzelne Elemente aus dem Leben von David Öllerer vor, der als Voodoo Jürgens zum Star des Austropop wurde. In tiefem Wiener Dialekt vorgetragen war sein erster Hit: »Heite grob ma Tote aus«. Folgerichtig beginnt auch dieser einzigartige Film mit einer Friedhofsszene. 

Ohne sich selbst zu plagiieren, setzt Goiginger eine berührende Vater-Sohn-Geschichte in Szene, die der eigenen aus »Die beste aller Welten« in vielem ähnelt. Zwischen den Songs von Voodoo Jürgens wird eine Welt der Wiener Beisln festgehalten, die heute modernen Kneipen und Cafés gewichen ist. In den verrauchten Eckkneipen mit ihren wackeligen Stühlen und einem Publikum, das besser beraten wäre, sich das billige Bier im Discounter zu kaufen, ist Rickerl anerkannt. Hier findet er, neben seinem spielsüchtigen und fußballbegeisterten Vater, mit dem er sich nach vielen Konflikten schließlich ausgesöhnt hat, eine eigene Familie. Und wenn er immer mal wieder seine Lieder anstimmt, die diese Welt widerspiegeln, wird er dafür geliebt. Auch vom Kinopublikum. 

Man ist aber gut beraten, den Film mit Untertiteln zu schauen. Denn diese Art Wiener Dialekt ist von Krassnitzers Tatort weit entfernt. Kann man sich Beisln gerade noch ableiten, so ist man bei Tschocherln, einem anderen Wort für Kneipe, gänzlich verloren. Um aber die Songs von Voodoo Jürgens organisch zu integrieren, braucht der Film diesen Ton und würde in einer Synchronisation zugrunde gehen.

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