Kritik zu Kommt ein Vogel geflogen

© Camino Filmverleih

Ein sprechender Papagei soll einem kleinen Mädchen helfen, das Stottern zu überwinden. Aber was der Vogel so von sich gibt, bringt in Stefanie Fies' Komödie Political Correctness und deutsche Lebenswirklichkeit durcheinander

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Und dann steht auch noch die Polizei vor der Tür. Ein Rollkommando. Wie bei einem Terroreinsatz. Dabei ist Birgit Singer (Britta Hammelstein) alles andere als eine Schwerkriminelle. Im Gegenteil. Mit Hingabe leitet die engagierte Tierschützerin ein Tierheim, das aufgrund umstrittener Machenschaften des Bürgermeisters vor der Schließung steht. Ihrem schlurfigen Ehemann (Hans Löw), der seit Ewigkeiten an seiner Dissertation über »Staaten bauende Insekten« schreibt, hält sie obendrein noch den Rücken frei.

Birgits größtes Problem ist jedoch ihre Tochter Sarah. Die lebhafte Fünfjährige wird im Kindergarten gemobbt. Sie ist nämlich nicht wie alle anderen: Sie stottert. Diese Störung bessert sich, als Britta einen Papagei in Pflege nimmt, zu dem ihre Tochter bald eine enge Beziehung knüpft. Dieses Motiv aus dem Dreamworks-Kinderfilm »Paulie – Ein Plappermaul macht seinen Weg« von 1998 münzt die Komödie »Kommt ein Vogel geflogen« auf die deutsche Situation um. So kann das Federvieh nicht nur sprechen. Sein verstorbener Besitzer brachte ihm auch noch »Sieg heil!« bei. Als Sarah diese abgelauschten Parolen zum Besten gibt, kommt es bei Eltern im Kindergarten zu Schnapp­atmung. Auch die jüdischen Schwieger­eltern sind nicht amüsiert.

Die Grundidee dieser SWR-/Arte-Coproduktion, die Christian Werner bereits 2021 nach einem Buch von Stefanie Fies realisierte, hat eigentlich Potenzial. Um die komödiantischen Möglichkeiten des Stoffs anzudeuten, benötigt der verschlafen anmutende Blick in eine multikulturelle Welt jedoch einen ziemlichen Anlauf. Der Film beleuchtet das Familienleben einer engagierten Tierschützerin – Tiere kommen dabei allerdings etwas zu kurz. Der Fokus liegt auf der Beziehung zwischen einer an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfenden Mutter und ihrer sprachbehinderten Tochter. Aber auch das Thema der Redefluss-Störung wird nicht wirklich vertieft. Eine Überraschung ist immerhin die Kinderdarstellerin Pola Friedrichs, die in ihrem Debüt die gehemmte Sprechweise eines stotternden Mädchens erstaunlich glaubhaft verkörpert.

Ein übereifriger Lokalredakteur bringt die Tierschützerin und ihren »Nazi-Papagei« unverhofft in die Schlagzeilen. Die Ereignisse überschlagen sich, bis die Polizei vor der Türe steht. Warum, wird allerdings nicht so ganz nachvollziehbar. Zu unscharf gezeichnet sind die Figuren. Auch die Regie setzt keine nennenswerten Akzente. Vor allem aber fehlt dem Drehbuch die Inspiration. Das zeigt die schon etwas bemühte Schlusspointe. Auf höchstrichterliche Anordnung sollen dem schrägen Vogel namens Marlene die Stimmbänder herausoperiert werden. Anhänger einer Partei, die mit blau-weißen Plakaten wirbt, sehen die Redefreiheit bedroht und skandieren: »Ich bin Marlene!« Nun ja. Ein Witz immerhin bleibt in Erinnerung: »Wir sind keine Nazis, wir haben nur einen Vogel.« Ansonsten erscheint die flügellahme Satire über Fallstricke politischer Korrektheit doch etwas vorhersehbar und langatmig. Schade eigentlich. Da war deutlich mehr drin.

Meinung zum Thema

Kommentare

Schade, hätte ich diese Filmkrtik doch rechtzeitig gelesen, dann ich hätte ich mir diesen Film vermutlich erspart.

Kann Herrn Riepe nur zustimmen: Die Geschichte pläschert so unausgegoren vor sich hin; Figuren, die einfach keine Kontur annehmen;....

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