Kritik zu Jagdsaison

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Ein Mädels-Wochenende, an dem schiefgeht, was schiefgehen kann: Rosalie Thomass sorgt als Hauptdarstellerin und Drehbuchautorin für eine authentische weibliche Perspektive in der Komödie ihres Lebensgefährten Aron Lehmann 

Bewertung: 4
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3 (Stimmen: 1)

Es scheint sich etwas zu tun im deutschen Mainstream-Kino. Komödien waren dort bislang nicht nur sehr häufig erschreckend unlustig, sondern vor allem – Matthias Schweighöfer und Elyas M'Barek, Til Schweiger und Detlev Buck sei Dank – überwiegend Männersache. Doch plötzlich mehren sich auch jenseits der Arbeit von Karoline Herfurth Geschichten, die auf Humor und weibliche Hauptfiguren gleichermaßen setzen. »JGA« machte kürzlich den vielversprechenden Anfang, nun geht »Jagdsaison« noch einen Schritt weiter.

Auch hier zeichnet mit Aron Lehmann ein Mann für die Regie verantwortlich, doch den Ton setzt seine Lebensgefährtin: Hauptdarstellerin Rosalie Thomass gibt – basierend auf dem dänischen Film »Jagtsaeson« und einer ersten Skriptfassung von Lea Schmidbauer sowie unterstützt von ihrem Partner – ihr Debüt als Drehbuchautorin. Und diese weibliche Perspektive ist dem Film wohltuend anzumerken.

Als Eva ist Thomass als eine dieser Protagonistinnen zu sehen, die in Komödien dieser Tage besonders beliebt sind: schlagfertig und smart, ein bisschen überfordert und schusselig sowie mit dem eigenen Leben beziehungsweise ihrem Platz darin nicht so richtig glücklich. Was in Evas Fall zum Teil daran liegt, dass der Job beim Finanzamt nicht die Erfüllung ist. Aber vor allem da­ran, dass der Ex-Mann längst mit der ebenso attraktiven wie erfolgreichen Influencerin Bella (Almila Bagriacik) liiert ist, die nicht nur zu Evas Tochter Olivia einen echten Draht zu haben scheint, sondern sich beim Yoga auch noch mit ihrer besten Freundin Marlene (Marie Burchard) angefreundet hat.

Nicht zuletzt weil Olivias Geburtstag bevorsteht, will Marlene zwischen Eva und Bella vermitteln, und was als etwas widerwilliges Kaffee-Treffen beginnt, wird plötzlich ein waschechter Mädels-Wochenendtrip. Denn Marlene hat sich, gelangweilt vom eigenen Ehealltag, auf einen Fremdflirt eingelassen – und während Bella zum Seitensprung rät und prompt einen Wellness-Aufenthalt dort gebucht hat, wo der Herr sich zu einem Jagd-Ausflug einfinden wird, möchte Eva ihre Freundin vor einem Fehler bewahren. Chaos ist vorprogrammiert, nicht zuletzt in der Beziehung der drei Frauen untereinander.

Dass die besten Komödien gar nicht viel Handlung brauchen, zeigt sich nun auch bei »Jagdsaison«. Viel wichtiger sind eine Regie, die etwas von Leichtfüßigkeit und Timing versteht – und natürlich der Humor. Der kommt hier durchaus albern und zwischen Saufgelagen und Intim-Waxing auch mal derb daher, setzt aber auch auf Charme und Beiläufigkeit, wie man es in dieser Mischung sonst eher von Kristen Wiig als aus der hiesigen Comedy-Landschaft kennt. Thomass' Dialogwitz klingt aller Übertreibung zum Trotz immer authentisch, und in Sachen Spielfreude stehen ihr die beiden Kolleginnen in nichts nach. Das Ergebnis ist ein herrlich komischer Film mit großartigem Soundtrack und Pop-Anspielungen, der sich mehr für Slapstick als Subtilität interessiert und dabei so viele zündende Gags auffährt, wie man sie im deutschen Kino sonst das ganze Jahr nicht erlebt.

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