Kritik zu Alma & Oskar

© Alamode Film

Dieter Berner setzt die Amour fou zwischen Alma Mahler und Oskar Kokoschka, der lustigen Witwe und dem skandalösen Malergenie, als turbulentes Kostüm-Liebes-Künstlerdrama in Szene

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Alma Margaretha Maria Schindler – geboren am 31. August 1879 in Wien, gestorben am 11. Dezember 1964 in New York – war, wie es so schön heißt, kein Kind von Traurigkeit. Unbeeindruckt von gesellschaftlichen Konventionen, insbesondere der an Frauen gerichteten Erwartung eines sittsamen Lebenswandels, genoss die Tochter eines Landschaftsmalers und einer Sängerin unverhohlen die Freuden der Liebe. Da Alma Mahler-Werfel – als die sie in die Geschichte eingehen sollte – eine Persönlichkeit des kulturellen Establishments war, wurde ihr unbekümmertes Treiben von den Zeitgenoss:innen misstrauisch beäugt; den einen galt sie als schamloses, sexbesessenes Luder, den anderen als Muse und Förderin der schönen Künste. Nacheinander nämlich war Alma verheiratet mit dem Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler, dem Architekten und Bauhaus-Gründer Walter Gropius, dem Dichter und Dramatiker Franz Werfel – mit dem sie gemeinsam 1940 in die USA emigrierte. Darüber hinaus werden ihr zahlreiche Affären mit diversen Pro­tagonisten der Wiener Musik-, Kunst- und Literaturszene nachgesagt, darunter eine in jeder Hinsicht heftige mit dem expressionistischen Maler (und Schriftsteller) Oskar Kokoschka (1886–1980).

Diese Affäre nun ist Gegenstand von Dieter Berners Spielfilm »Alma & Oskar«, der wiederum auf dem 2020 erschienenen Roman »Die Windsbraut« von Hilde Berger beruht, mit welcher zusammen Berner auch das Drehbuch schrieb. Es ist dies bereits die zweite Drehbuch-Zusammenarbeit von Berner und Berger nach »Egon Schiele: Tod und Mädchen« (2016), zu dem Berger anschließend auch das gleichnamige, 2018 publizierte Buch-zum-Film verfasste. 

Schiele und Kokoschka waren Zeitgenossen, gemeinsam mit Gustav Klimt bilden sie das Trio der herausragenden Maler der Wiener Moderne; gleichermaßen sorgten sie in ihrem Privatleben für Furore. Doch nicht der männliche Künstlergenius steht jeweils im Mittelpunkt der Berner'schen Filme, sondern die denselben inspirierende Frau: zum einen Schieles Modell, Geliebte und Haushälterin Wally Neuzil, zum anderen nun Kokoschkas Modell, Geliebte und Förderin Alma Mahler. Beider Frauen Liebe scheitert letztlich am Egoismus der Männer: die eine an Schieles finanziellem Kalkül, die andere an Kokoschkas blinder Eifersucht.

»Alma & Oskar« gestaltet die turbulente Beziehung der lustigen Witwe und des skandalösen Malers als »Amour fou«, der Emily Cox und Valentin Postlmayr eine satte Fleischlichkeit verleihen. Ohne jeden Vorbehalt gestalten sie zwei unter Spannung stehende Figuren, deren Anziehung explosiv wirkt, und Berner schafft den Raum, in dem sich das resultierende Trümmerfeld entfalten kann. Auch wenn die Handlung von »Alma & Oskar« mitunter kolportagehaft und anekdotisch erscheint, so sind die Ereignisse doch historisch verbürgt. Sie dienen zudem als lebhaft ausgemalter Hintergrund der Studie eines weiblichen Charakters. Der nicht nur in mehr als einer Farbe schillert, sondern durchaus auch mal böse und egoistisch sein darf.

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