Aus dem Leben einer Doppel-Null

James Bond in Listen
»Spectre« (2015)

»Spectre« (2015)

In diesem Monat läuft bei uns der neue Bond an: »Spectre«. Die Erwartungen sind hoch – schließlich war der letzte Film der einspielstärkste der Serie. Zahlen, Daten, Tops und Flops rund um den Spion, den wir lieben

Die besten Stunts

»In tödlicher Mission«: Die Jagd in der Bobbahn

Wie bei fast allen Skiverfolgungsjagden zeichnete auch hier Willy Bogner für Choreographie und Regie verantwortlich. Diesmal muss Bond im Schnee vor zwei Motorrädern flüchten. Wer einmal ein Bobrennen gesehen hat, kann sich vorstellen, wie waghalsig es ist, eine Bobbahn mit Skiern zu befahren, von Motorrädern ganz zu schweigen. Zu tragischer Berühmtheit kam diese Szene allerdings auch, weil beim Dreh ein Stuntman sein Leben verlor.

»Im Angesicht des Todes«: Der Sprung vom Eiffelturm

In seinem letzten Einsatz liefert sich Roger Moore auf dem Eiffelturm eine spektakuläre Verfolgungsjagd mit Grace Jones – die ihrem Häscher mit einem tollkühnen Fallschirmsprung von der Spitze des Turms entkommt. Jones' skulpturale Körperlichkeit in Verbindung mit der Architektur und der eleganten Athletik des Sprungs machen diesen Stunt in jeder Hinsicht besonders.

»Casino Royale« (2006)

»Casino Royale«: Die Baustellenverfolgung

Diese Verfolgungsjagd war ein famoses Intro für die »körperliche« Daniel-Craig-Ära: Wenn er über Gerüste kracht und in schwindelerregender Höhe von einem Baukran springt, wirkt dieser 007 übermenschlich und verletzlich zugleich. In ihrer artistischen Neuartigkeit wirkte die Sequenz stilbildend für das Actionkino der nächsten Jahre.

Die dämlichsten Gadgets

»Der Mann mit dem golgenden Colt«: Die dritte Brustwarze

Mit dieser Mischung aus Verkleidung und Gadget versucht 007, sich als legendärer Killer Scaramanga auszugeben. Den bekam zwar noch nie jemand zu Gesicht, aber jeder weiß, dass er drei Brustwarzen hat. Austin Powershätte es sich nicht besser ausdenken können.

»Der Mann mit dem goldenen Colt« (1974)

»Stirb an einem anderen Tag«: Das unsichtbare Auto

In seiner einfallslosen Albernheit war dieser Tarnkappen-Aston-Martin ebenfalls hart an der Grenze zur unfreiwilligen Selbstparodie, auch weil der Aufwand in keinem Verhältnis zum eigentlichen Einsatz im Film steht. Und warum bitte wabert die »unsichtbare« Karosserie wie das flüssige Unterwasser-Alien in Abyss – Abgrund des Todes?

»Casino Royale«: Der Defibrillator

Das dämlichste an diesem Gadget ist die Tatsache, dass Bond es überhaupt dabei hat – wer bitte legt sich in geheimer Mission einen eigens vom MI6 gefertigten Mini-Defibrillator ins Handschuhfach? Oder hat 007 chronische Herzprobleme, von denen wir nichts ahnten?

Die Pre-Title-Sequenzen

Die witzigste: »Der Spion, der mich liebte« 
»Something came up.« – »But, Bond, I need you!« – »So does England.« Skiverfolgungsjagd über die Klippe, und dann geht der Fallschirm auf – als britische Fahne.

Die längste: »Die Welt ist nicht genug«
14 Minuten! Bond fällt (angeseilt) aus einem Fenster in Bilbao. Dann eine Verfolgungsjagd per Speedboat auf der Themse. Manche beklagen die Überlänge und sagen, man hätte kürzen können, etwa die Sequenz, in der Bonds Boot aus dem Wasser hüpft, durch ein Bootshaus gleitet, über eine Straße, eine Gasse runter, durch einen Fischmarkt, in ein Restaurant hinein, hinaus durch den Hintereingang und wieder in die Themse ...

»Die Welt ist nicht genug« (1999)

Die beste: »Goldeneye« 
Gleich zwei Mal freier Fall! Zuerst ein Bungee-Jump ins Endlose und dann, nachdem er es den sowjetischen bad guys gezeigt hat, Bonds Flucht mit dem Motorrad über die Klippe und freier Fall ins abstürzende, pilotenlose Flugzeug ...

Welcher Schurke hat den besten Plan?

Der Klassiker: Gert Fröbe als Auric Goldfinger in »Goldfinger«.
Klar, übersichtlich, ausführ- und nachvollziehbar: Der Mann will die Goldvorräte in Fort Knox vernichten, um den Wert seines eigenen Goldes zu steigern.

»Goldfinger« (1964)

Der Über-Elaborierte: Jonathan Pryces Elliot Carver in »Der Morgen stirbt nie« will einen Krieg zwischen Großbritannien und China auslösen, indem er ein britisches Kriegsschiff in chinesischem Territorium sinken lässt, und eine Rakete auf Peking feuern, nur um die chinesische Regierung dazu zu bewegen, mit ihm einen Deal über exklusive Berichterstattung abzuschließen ...

Der Idiosynkratische: Javier Bardem als Raoul Silva in »Skyfall«.
Gekränkt von früheren Erfahrungen will Silva den Geheimdienst MI6 diskreditieren, um den Rücktritt seiner »Ersatzmutter« M zu erzwingen und sie dann umzubringen. Eher ein privates Anliegen als der Griff nach der Weltherrschaft.

Die bizarrsten Todesarten

»Goldfinger«: Der Goldüberzug

Der im wahrsten Wortsinn »schönste« und wohl ikonographischste Mord der gesamten Bond-Historie: Nach ihrem Verrat an Auric Goldfinger stirbt Jill Masterson durch Ersticken, indem ihr Körper mit Gold überzogen und damit ihre Hautatmung blockiert wird. Wissenschaftlich völliger Blödsinn, aber eine tolle Idee.

»Goldfinger« (1964)

»Im Geheimdienst ihrer Majestät«: Der Eisschredder

Im Bond-Universum wimmelt es von Skiverfolgungsjagden. Bei dieser frühen Variante stürzt ein nicht ganz pistensicherer Verfolger prompt vor einen Schneepflug und wird von dessen rasiermesserscharfen Klingen zerschreddert – ein kurzer Aufschrei, dann spritzt das Blut dekorativ in den blütenweißen Alpenschnee. Simpel, aber von schauriger Effizienz.

»Leben und sterben lassen«: Die Gaspatrone

Der diabolische Kananga (Yaphet Kotto) stürzt mit Bond in ein Haifischbecken – und findet den Tod, als 007 ihm eine Gaspatrone in den Mund stopft. Die Wirkung ist durchschlagend: Der Schurke verwandelt sich in eine Art Michelin-Männchen, schwebt in die Luft empor und explodiert. Ein passender Tod für einen so aufgeblasenen Bösewicht.

»Im Geheimdienst ihrer Majestät« (1969)

»Der Hauch des Todes«: Die Schiebetür

Bonds Kollege Saunders tappt in eine besonders hinterhältige Falle: eine manipulierte elektrische Schiebetür. Als er sich genau zwischen den beiden Flügeln befindet, schließen diese sich mit enormer Wucht und zerquetschen den armen Kerl. Diese Methode wirkt zwar nicht praktisch, ist aber durchaus kreativ.

»Lizenz zum Töten«: Die Druckkammer

Der Drogenbaron Franz Sanchez (Robert Davi) richtet seinen in Ungnade gefallenen Vertrauten Krest (Anthony Zerbe) hin, indem er ihn in eine Druckkammer sperrt und den Druck auf volle Leistung erhöht. Der immense Unterdruck lässt schließlich den Kopf des um Gnade flehenden Gangsters platzen. Durch die vollkommen unironische Inszenierung sicher einer der grausamsten Bond-Morde.

Bonds Neue Frauen

Der Schriftsteller und Drehbuchautor Roald Dahl hat einmal gesagt, ein guter Bond brauche drei Girls: eines, das am Anfang stirbt, am besten in den Armen Bonds, eine profunde Gegnerin (muss auch sterben) und das love interest für den Schluss. Aber wahrscheinlich hat nur Dahl diese Formel in seinem »Man lebt nur zweimal« in reinster Form verwirklicht. Ganz so einfach war es mit den Frauen um Bond, seit Ursula Andress in Dr. No als Muschelsammlerin Honey Ryder im Bikini den Fluten entstieg, dann doch nicht. Wenn sich auch die Drehbuchautoren mit eindeutig zweideutigen Namen wie Pussy Galore, Kissy Suzuki, Mary Goodnight, May Day oder Octopussy alle Mühe gaben. Zweimal war Bond ja sogar äußerst unglücklich verliebt, George Lazenby in Diana Rigg in »Im Geheimdienst Ihrer Majestät« und Daniel Craig in Eva Green in »Casino Royale«. In den letzten Jahren, und vielleicht wollen es die Zeitläufte so, ist allerdings nachgerade ein Geschlechterkampf auf der Leinwand zu sehen. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass die Bond-Figur immer blasser wird. Vor allem der aktuelle, Daniel Craig, dem ja sogar der Martini egal ist, ist eher Professional als Charmeur, ein Arbeiter im Garten seiner Herrin. Vielleicht bekommt ja jeder Mensch den Partner, den er verdient, und so hat sich auch der Typus Frauen um Bond deutlich geändert.

»Man lebt nur zweimal« (1967)

DIE GEFÄHRTIN: Michelle Yeoh in »Der Morgen stirbt nie«

Schmusen, das war mal: Die chinesische Geheimagentin Wai Lin, die in diesem Abenteuer um eine größenwahnsinnigen Medienmogul Bond zur Seite steht, ist vor allem auf Kampf aus. Wie sie und Bond sich mit einem Messer durch ein Riesenplakat zum Boden bewegen, gehört zu den aberwitzigsten Stunts der Bond-Geschichte.

DIE SCHURKIN: Sophie Marceau in »Die Welt ist nicht genug«

Elektra King war bislang der einzige weibliche Oberschurke in einem Bond-Film. Die Drehbuchautoren haben ihr zwar ein Stockholm-Syndrom angedichtet, und zur Weltherrschaft strebt sie auch nicht wirklich, aber sie hat Bond so gut im Griff wie keine andere. Besonders als sie ihm auf der Garotte die Auswirkungen des Todes auf das männliche Sexualorgan erklärt.

DIE MUTTER: Judy Dench

Neben Moneypenny hat es keine Frau so lange in der Serie gehalten wie Judi Dench als MI6-Chefin M, die in sieben Filmen mitwirkte. Sie hat das Wort von Bond als Relikt des Kalten Krieges geprägt, und sie wandelt sich von der Grande Dame zur Mutterfigur. Bond wird sie auch nicht retten können.

... und hier hört der Spaß auf

3 komplett unmagische Bond-Momente

»DR. NO« 
Klar, Professor Dent wollte Bond ermorden. Aber das wollen sie alle. Dent jedenfalls hat keine Patronen mehr und wird von Bond eiskalt hingerichtet. Dem Liegenden dann kurz noch eine in den Rücken geknallt, schon im Weggehen. Da ahnt man, warum John le Carré 007 einen »faschistischen Gangster« genannt hat.

»James Bond 007 jagt Dr. No« (1962)

»DIAMANTENFIEBER«
Mr. Wint und Mr. Kidd sind als wandelnde Tuntenwitze an sich schon nicht komisch. Am Ende erledigt Bond Mr. Wint mit einer Bombe, die er von hinten an Wints Mantelschößen befestigt. Die Allusionen reichen von »Feuer unterm Arsch« bis »Arschgefickt«. Nicht sophisticated.

»GOLDENEYE«
Das obligate Schlussgeknuddel, Bond und Natalya Simonova rollen im Gras. Plötzlich rundum: Soldaten, die good guys. »Maybe you two would like to finish debriefing each other at Guantanamo, hmm?«, fragt der Kommandant gut gelaunt. Bond, noch besser gelaunt, an Natalya: »You ready?« Das kommt heute nicht mehr gut.

Die Bond-Songs

...ausgesucht von dem Musik- und Popkritiker Max Dax

TOP 1. Shirley Bassey, »Goldfinger«
Shirley Basseys Bond-Song aus dem Jahr 1964 setzte den Standard für alle, die nach ihr kommen sollten. An der von Brecht/Weills »Mackie Messer« inspirierten John-Barry-Komposition stimmt Bassey sibyllinisch: »It's the kiss of death from Mr. Goldfinger...«

TOP 2. Paul McCartney & Wings, »Live and Let Die«
1973, nur drei Jahre nach dem Ende der Beatles, wurden Paul und Linda McCartney beauftragt, mit ihrer Band Wings den nächsten Bond-Song zu schreiben. Er sollte der erfolgreichste aller Zeiten werden und war der erste, der als bester Originalsong für einen Oscar nominiert wurde. Seitdem gilt derjenige als geadelt, der einen Bond-Song singen darf.

TOP 3. Tina Turner, »GoldenEye«
Ungewöhnliche Combo: Bono und The Edge von U2, Nellee Hooper, Produzent von Massive Attack, und Tina Turner tun sich 1995 zusammen, um zum im bolshevique-chic gehaltenen coolsten Bond-Vorspann aller Zeiten einen noch cooleren Song abzuliefern.

FLOP 1. Chris Cornell, »You Know My Name« (CASINO ROYALE)
Wie kann man nur so ins Klo greifen? Den Produzenten muss klar gewesen sein, dass sie 2006 mit Daniel Craig mutig den Neustart der Bond-Serie wagten. Weshalb sie auch den Bond-Song mit seinen wiederkehrenden dramatischen Elementen opferten, bleibt für immer ein Rätsel.

FLOP 2. Sam Smith, »Writing‘s on the Wall« (SPECTRE)
Sam wer?! Man hört den Sänger mit der viel zu jungen Stimme gar nicht hinter diesem Müllhaufen von einem Orchesterarrangement: Smith scheint sich schon damit zufrieden zu geben, beim Singen nicht über das Sofa zu stolpern. Auch der Text ist in diesem Sinne eine plumpe Behauptung: »I don't shoot to miss.« Schön wär's!

FLOP 3. a-ha, »The Living Daylights«
Getragen vom Rückenwind ihres Welterfolgs, pervertierten a-ha die Idee der Win-Win-Situation für Produzent und Musiker: Dieser Vorspann klang wie ein gekauftes Musikvideo. Die Band distanzierte sich später von dem von John Barry produzierten Song und veröffentlichte eine eigene Version.

Verpasste Chancen

Schauspieler, die auch mal für Bond im Gespräch waren

Richard Burton – Einer der ersten Kandidaten. Wäre vielleicht ein interessant neurotischer Bond gewesen, lehnte aber ab. Ebenso Cary Grant und Steve Reeves.  

David Niven – Der elegante, selbstironische Hollywoodstar verzichtete zugunsten von Sean Connery; spielte später auf Wunsch von Ian Fleming in »Casino Royale«.

Terence Stamp – Ein etwas schräger Typ, eher Arthouse (»TEOREMA«). War 1967 angefragt – seine Vorstellungen sollen aber zu experimentell gewesen sein für die Serie.

Michael Caine – Hatte Ende der Sechziger schon drei Mal den Agenten Harry Palmer gespielt und wollte nicht auf das Genre festgelegt werden.

Clint Eastwood – Ein Amerikaner als Bond? Eastwood fand das selbst seltsam und lehnte ab. Auch Burt Reynolds und TV-Batman Adam West waren im Rennen.

Clive Owen – Vier Bonds waren 1,88 m groß. Owen wäre mit ebenfalls 1,88 also prädestiniert gewesen. Man konnte sich schließlich finanziell nicht einigen.

Jason Isaacs – Der Engländer kann gut Schurken – wie in »HARRY POTTER« oder »DER PATRIOT«. Hatte aber in »TUXEDO« eine coole Bond-Parodie geliefert. Schade eigentlich.

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