Kritik zu Rückkehr zum Land der Pinguine

© MFA+ Filmdistribution

2023
Original-Titel: 
Voyage au pôle sud
Filmstart in Deutschland: 
15.02.2024
L: 
83 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Luc Jacquet reflektiert auf einer Reise von den Anden über Feuerland in die Antarktis über Mensch, Natur und Umwelt

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Mit »Die Reise der Pinguine« landete der französische Filmemacher und Verhaltensbiologe Luc Jacquet 2005 einen Riesenhit, einen Naturdoku-Meilenstein vom Kaliber »Serengeti darf nicht sterben« (Bernhard Grzimek, 1959), folgerichtig oscargekrönt. In sprichwörtlich »atemberaubenden Bildern« vermittelte Jacquet Einblicke in das Balz-, Brut- und Aufzuchtritual tausender Kaiserpinguine, die sich alljährlich am Rande der Antarktis in Kolonien versammeln, um den (Über-)Lebenszyklus ihrer Art neu anzustoßen. Seinerzeit hatte es den Anschein, als sei die Kamera mitten unter den Pinguinen aus dem Eis gewachsen, und insbesondere das stark umstrittene anthropomorphisierende Voiceover verführte dazu, den Film als pinguinisches Selbstzeugnis zu rezipieren.

Knapp zwanzig Jahre später nun macht sich Jacquet erneut auf die Reise zu den flugunfähigen Seevögeln; zumindest legt das der deutsche Verleihtitel »Rückkehr zum Land der Pinguine« nahe, wo doch wieder einmal der Originaltitel Voyage au pôle sud, also: Reise zum Südpol, das Geschehen deutlich genauer umreißt. Um eine »Rückkehr« handelt es sich nur insofern, als das geneigte Publikum es neuerlich mit einem eher gewöhnungsbedürftigen Voiceover zu tun bekommt. Mit dem Unterschied allerdings, dass uns diesmal nicht die Pinguine über ihre Befindlichkeiten in Kenntnis setzen, sondern Jacquet – respektive dessen Alter Ego »Der Reisende« – über die seinen. Angesichts von Klimakatastrophe und Umweltzerstörung, konfrontiert mit einem dahinschmelzenden Kontinent sowie dem eigenen Älterwerden, kann man natürlich schon mal ins Grübeln geraten. Dann ist der zivilisationskritische Hobbyphilosoph nicht weit, der mehr oder minder seelenwund nach dem Sinn des großen Ganzen sucht und ein ums andere Mal am Allgemeinplatz scheitert. 

Was alles noch einigermaßen auszuhalten wäre, hätte der Filmemacher wenigstens Zutrauen zu den Schwarz-Weiß-Aufnahmen der spektakulären Landschaften, die er auf seinem Weg durchquert. Ausgehend von den Ausläufern der Anden in Patagonien durch die Magellanstraße über Feuerland arbeiten sich Jacquet und sein verdienstvoller Kameramann Christophe Graillot Breitengrad um Breitengrad südwärts vo­ran, bis sie auf den antarktischen Eisschild treffen. Unterwegs begegnen sie Kondoren, Blauwalen, Alba­trossen und, ja, endlich auch Pinguinen. Und immer wieder raunt Jacquet, dessen Text in der deutschen Fassung von Roland Zehrfeld gesprochen wird, »Écoute!« (»Hör hin!«) und meint damit bestimmt den Klang dieses fernen, unwirtlich scheinenden Raums. Nur allzu gern würde man seiner Aufforderung Folge leisten und Tierlaut oder Eisgeknarz lauschen, doch stattdessen ist immer nur Musik zu vernehmen. Sie sucht die Erhabenheit der Natur zu untermalen, da sie aber das den »atemberaubenden Bildern« ohnehin innewohnende Pathos lediglich verdoppelt, nervt sie bloß. Am ewigen Eis Interessierte wären wohl mit einem Bildband und Pinguin-Fans mit einem Besuch im Zoo besser beraten.

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