Kritik zu Scialla! Eine Geschichte aus Rom

© Kairos Filmverleih

Ein älterer Nachwuchslehrer erfährt, dass er einen Sohn im Teenageralter hat – und muss sich plötzlich um ihn kümmern. Eine komödiantische Erfahrung,
von der beide Generationen lernen

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Die spät eröffnete Vaterschaft erlebt gerade als Komödienstoff einen Boom. Nicht überraschend in Zeiten sich wandelnder Männerrollen: Schließlich eignet sich die plötzliche Konfrontation mit dem unbekannten Nachwuchs bestens dazu, beim stolzen Single ungeahnte familienorientierte Saiten zum Klingen zu bringen. Letzte deutsche Fassungen waren Kokowääh und Der fast perfekte Mann. Doch auch bei der italienischen Variante scheinen – trotz leicht erhöhtem Alter des männlichen Hauptbeteiligten – Konstellationen und Personal der Geschichte vertraut.

Da ist Bruno, ein ehemaliger Lehrer mittleren Alters und Haarlänge (Fabrizio Bentivoglio), der sich ohne Begeisterung als Ghostwriter von B-Promi-Autobiografien durchschlägt und zusätzlich in seiner stilvoll verwitterten Wohnung in einem römischen Innenstadtviertel Nachhilfestunden gibt. Der Ton dabei ist ein wenig zu kumpelhaft lässig, das Setting so rauch- und alkoholgesättigt, dass manche Mutter ihren Jungen vorzeitig abmeldet. Einer anderen sind solche Nuancen der Lebensführung offensichtlich egal, als sie ihren Sprössling für ein halbes Jahr komplett in der Junggesellenwohnung abgeben will. Denn schließlich sei er Brunos leiblicher Sohn. Und sie müsse beruflich für sechs Monate nach Afrika.

Eine Prämisse, die auch mit Komödienbonus so abgeschmackt ist, dass sie der Glaubwürdigkeit des Films unheilbar schadet: Welche Mutter würde ihren im kritischsten Alter befindlichen Sohn für ein halbes Jahr bei einem wegen seiner Unzuverlässigkeit fünfzehn Jahre lang geschmähten Exlover abgeben? Welcher geruhsam allein lebende Mann reiferen Alters sich auf solch eine Zeitbombe einlassen? Entsprechend kons­truiert sind dann auch die folgenden Konfrontationen des aufsässigen versetzungsgefährdeten Teenagers mit seinem Nachhilfelehrer, der ihn mit lateinischer Deklination und der Aeneis (Thema Sohnestreue!) traktiert. Doch Luca (Filippo Scicchitano) interessiert sich mehr fürs Boxen, was ihm erst die zwielichtige Bekanntschaft eines Drogenhändlers und dann die dazugehörige Bredouille einträgt.

Ein hübsche – zuerst rätselhaft anmutende – Idee ist dabei, dass in der Gangstervilla statt Bunga-Bunga ein cineastisches Pflichtprogramm mit alten Nouvelle-Vague-Filmen auf dem Plan steht. Die Erklärung gibt es am Ende mit der einzig wirklich witzigen Drehbuchidee dieses Films, als sich der Oberböse in einen Pasolini zitierenden Kunstgenießer verwandelt. Das rettet zwar Vater und Sohn, zur Rettung des Films reicht es aber nicht. So bleibt unverständlich, wie Scialla! (was im römischen Jugendslang so viel wie »locker bleiben« heißen soll) 2012 zum besten italienischen Nachwuchsfilm gekürt werden konnte. Und da der 1961 geborene Regisseur Francesco Bruni schon seit 1991 als Drehbuchautor für Größen wie Paolo Virzì und Mimmo Calopresti arbeitete, kann auch die Einstufung als Filmnachwuchs bei seinem späten Regiedebüt nicht wirklich überzeugen.

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