Kritik zu Nur ein kleiner Gefallen

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In Paul Feigs Krimikomödie mit Film-noir-Ambitionen freundet sich ein braves Hausmütterchen mit einer Femme fatale an, die plötzlich spurlos verschwindet

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Als Witwe Stephanie über ihren Sohn die nonchalante Emily, ebenfalls Mutter eines Sohnes, kennenlernt, ist sie hin und weg. Emily hat als PR-Frau eines Designers einen Traumberuf, mit einem modernistischen Bungalow ein Traumhaus und mit einem bekannten Schriftsteller einen Traummann. Emily ist von der braven Stephanie, die in einem Blog Haushaltstipps gibt, ebenso angetan. Die Zunge durch Emilys Cocktails gelockert, lässt sich Stephanie dazu hinreißen, ihrer neuen Busenfreundin intimste Dinge zu gestehen. Und ist durchaus in der Stimmung für mehr. Doch dann bittet Emily Stephanie, kurze Zeit auf ihren Sohn aufzupassen – und verschwindet. Die besorgte Stephanie entwickelt bei der Suche nach ihr ungeahntes Selbstbewusstsein und kommt auch deren Ehemann näher. Dieser wird verkörpert vom britischen Schauspieler Henry Golding, soeben als Traummann in »Crazy Rich Asians« bekannt geworden, der hier in der Rolle des Autors eines bereits Jahre zuvor erschienenen Bestsellers und Vater eines sechsjährigen Sohnes in die undankbare Ecke einer Existenz als Rädchen im Getriebe eines Krimidrehbuchs gedrängt wird.

Paul Feig – seit »Brautalarm« (2011) auf Frauenkomödien abonniert – konzentriert sich in diesem Mystery-Thriller anfangs ganz auf die beiden (Anti-)Heldinnen und verleiht ihrer Beziehung einen anregenden Twist. Zunächst angelegt als weibliche Archetypen, die sich auf amüsante Weise ineinander spiegeln, entwickeln sie, von einem Schachzug zum nächsten, zunehmend Konturen. Anna Kendrick verkörpert mit nur einem Hauch Karikatur die mädchenhafte Stephanie, die alles ganz arg richtig machen will und deren Dauerlächeln und Rastlosigkeit eine tiefe Traurigkeit verbergen. Die Energie, mit der sie in Emilys Vergangenheit herumstochert, verrät den Wunsch, über ihren Schatten zu springen. Und Blake Lively, bei deren ­bisherigen Rollen man stets den Eindruck hatte, dass Hollywood nichts Rechtes mit ihrem Sex-Appeal anzufangen weiß – zu groß, zu lange Beine, zu kurvig, und diese endlose Mähne –, darf endlich auftrumpfen. »Trinkst du?«, lautet Emilys Begrüßungssatz, und in ihrem Bungalow hängt ein Porträt, in dem ihr Schamhaar im Zentrum steht. Liveley spielt hier ein umwerfendes Biest mit der Ausstrahlung einer lässigen Katze, die interessiert eine arme kleine Maus beobachtet. Mit dieser vitalen Schamlosigkeit – einem Mix aus Marlene-Dietrich-Allüre und einer Prise erwachsener Pippi Langstrumpf – zieht sie Stephanie ­unwiderstehlich in Bann.

Schade nur, dass die Handlung bald ins »Gone Girl«-Krimiterrain abdriftet. Feigs ­bester Regieeinfall ist indes, den letztlich ­klischeehaften und mit wilden Ungereimtheiten gesäumten Film-noir-Psychokrieg durch kecke Retro-Chansons von Brigitte Bardot und Françoise Hardy auf eine spritzigere komödiantische Ebene zu heben. Dennoch herrscht am Ende der frustrierende Eindruck, dass diese beiden so gegensätzlichen Frauen ein tolles Match sind, dessen Potenzial leider nicht ausgereizt wird.

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