Kritik zu Im Herzen jung

© Alamode Film

Carine Tardieu verfilmt ein nachgelassenes Drehbuch ihrer verstorbenen Kollegin SÓlveig Anspach. Nicht nur hinter der Kamera, sondern dank Fanny Ardant und Melvil Poupaud auch auf der Leinwand eine Herzensangelegenheit

Bewertung: 3
Leserbewertung
3.5
3.5 (Stimmen: 2)

Es scheint, als breche die Liebe mit Verspätung aus. Erst 15 Jahre später zeigt sie sich. Aber vielleicht war sie schon damals da und verbarg sich nur. Der Moment, als sich Shauna (Fanny Ardant) und Pierre (Melvil Poupaud) im Krankenhaus begegnen, ist an Gefühlen hoch aufgeladen. Sie macht sich Sorgen um ihre Freundin Mathilde, die wie eine Schwester für sie ist. Er ist der Onkologe, der die Sterbende behandelt und immer genau die richtigen Worte findet. Es liegt Magie in der Luft.

Durch Zufall begegnen sie sich wieder, in Irland, wo die Architektin im Ruhestand ein Landhaus besitzt. Ganz unwahrscheinlich ist das Wiedertreffen nicht: Pierres engster Freund Georges (Sharif Andoura) ist der Sohn von Mathilde. Ist es ungalant von ihr, wenn Shauna nun zu Pierre sagt, sie erinnere sich an den Arzt, aber der sei viel jünger gewesen? Immer mehr Erinnerungen an damals kehren jetzt zurück. Es ist gerade so wie in den Einstellungen von Krankenhaus- und Wohnungsfluren, die Carine Tardieu regelmäßig in ihren Film eingeflochten hat: Zuerst erscheint eine Figur als verschwommene Kontur, um dann in die Schärfe hineinzutreten.

Zurück in Frankreich kristallisieren sich die Gefühle heraus. Pierre hatte das Foto aufbewahrt, das Shauna und Mathilde zusammen zeigt. Es wird zum Unterpfand der Liebe, die endlich ausbricht. Sie schüchtert beide ein. Nicht, weil sie ein Vierteljahrhundert älter ist als er. Entschlossen nimmt er ihre Hand; die richtigen Worte findet er immer noch; zumindest vorerst. Seine Ehefrau Jeanne (Cécile de France) kann Pierre nicht anlügen; er erträgt es nicht, sie zu verletzen. Sie spürt seine Ergriffenheit, aber bricht in schallendes Gelächter aus, als sie erfährt, dass ihr Mann sie mit einer älteren Frau betrügt.

Einen ähnlichen Film hat Fanny Ardant schon einmal gedreht, vor zehn Jahren, er hieß »Die schönen Tage«. Darin trug sie Jeans, in denen sie zum Verlieben aussah. Sie stehen ihr immer noch. Und auch sonst ist vieles wie vor zehn Jahren. Die Regisseurin versteht es, auch die undankbaren Rollen (vor allem die Betrogene) in ihr Recht zu setzen. Jeder hat ein großes Herz in ihrem Film. Tardieu knüpft leise Parallelen zwischen beiden Frauen. Auch Jeanne ergreift Pierres Hand; auch sie ist eine Mutter, die ihren Kindern genug Freiraum lässt. Warum sollten sich die Menschen, die wir lieben, denn auch radikal unterscheiden? Nur Ardants jetziger Partner ist besser als Lauren Lafitte damals: berückend, mit welcher Achtsamkeit Poupaud die Dinge des Lebens betrachtet.

Aber bald drängt sich das Melodram immer stärker in den Film hinein. Shauna erkrankt an Parkinson und weist Pierre zurück: Was willst du mit einer Frau, die keine Zukunft hat? Die richtigen Worte liegen ihm auf der Zunge. Nun geht es rasend schnell in diesem Film, dem das Zögern und Innehalten zuvor so teuer war. In Ardants großen Augen leuchtet die Entschiedenheit der Tragödin auf, die ihre Liebe opfern will. Aber auch fünfzehn Jahre später ist es noch zu früh dafür.

Meinung zum Thema

Kommentare

Ich war gestern in diesem Film und habe das Kino vor dem Ende der Vorstellung verlassen ... ich konnte keinerlei emotionale Verbindung zu den Mitwirkenden aufbauen ... was ich sehr schade fand ...

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