Kritik zu Gelobt sei der kleine Betrüger

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Harmloser Kleinkrimineller oder schwerkorrupter Staatsverbrecher: Mahmoud al Massad nimmt in diesem sich als leichte Sommerkomödie ­gebenden Film die alltägliche Korruption in Jordanien auf die Schippe

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Dass sich die resozialisierenden Auswirkungen einer Gefängnisstrafe für Kleingangster oder Gelegenheitsgauner in engen Grenzen halten, haben bereits Filme wie Jacques Audiards Meisterwerk »Ein Prophet« sowie kürzlich die HBO-Serie »The Night Of« zum Thema gemacht. Tatsächlich zeichnen beide Werke die Verwandlung ihrer zu Beginn harmlosen Protagonisten in knüppelharte Knastbrüder nach – das Gefängnis als Schule des Verbrechens. Einen nicht ganz unähnlichen Ansatz verfolgt die deutsch-jordanische Koproduktion »Gelobt sei der kleine Betrüger«, wenn auch deutlich harmloser und komödiantischer. Regisseur Mahmoud al Massad erzählt die ­Geschichte des unbedarften Bauunternehmers Ahmad, der nach einem versuchten Deal mit geschmuggelten Laptops in die Mühlen des von Willkür geprägten jordanischen Justizsystems gerät.

Nach einer Nacht in Untersuchungshaft wird Ahmad einem gelangweilten Richter vorgeführt, der ihn ohne viel Federlesens zu drei Monaten Haft verurteilt – eine absurd hohe Strafe für ein Vergehen, das sich, wie immer wieder betont wird, doch problemlos mit gängiger Bestechung hätte aus der Welt räumen lassen. Das ist generell Regisseur al Massads deutlichstes Anliegen: die humorvolle Darstellung der die gesamte Gesellschaft durchziehenden Korruption, egal ob inner- oder außerhalb der Gefängnismauern. Denn während der eingeschüchterte Kleinbürger Ahmad im Knast den schweren Jungs rund um Zellenpate El Mor für jede noch so kleine Gefälligkeit das entsprechende Bakschisch aushändigen muss, versucht sein Cousin draußen, einen hohen Beamten mit einem Schaf zu bestechen, um die Freilassung Ahmads zu erreichen.

Stellenweise gelingen dem Regisseur dabei durchaus komische Situationen, etwa wenn sich die Gefangenen im Gefängnistransport die Handschellen mit Büroklammern öffnen, um eine Zigarette zu rauchen – und der verantwortliche Wärter den Vorgang abnickt und nur darum bittet, die Fesseln bei Ankunft wieder anzulegen. Zu oft aber gleitet »Gelobt sei der kleine Betrüger« in episodenhaften Klamauk ab, der nur so vor Klischees über die arabische Welt strotzt. An seinen Figuren und deren Entwicklung ist al Massad kaum interessiert – mit Ausnahme des sympathischen El Mor; der Rest erstarrt im bloßen Stereotyp.

Trotz der recht kurzen Laufzeit gehen dem Film schließlich die Ideen aus; zwar bekommt man einen interessanten Einblick in Ahmads Alltag im Knast und seine wachsende Freundschaft mit den Mitinsassen, wirklich viel passiert aber nicht. Der Plot um den Verbleib der geschmuggelten Laptops taucht immer mal wieder auf, bleibt aber letztlich vollkommen belanglos und ohne Auswirkungen. Schließlich endet der Film genau in dem Moment, als es noch einmal spannend werden könnte – nämlich bei der Frage, ob sich Ahmad nach seinem Gefängnisaufenthalt eher auf die Seite der »kleinen Betrüger« oder auf die der korrupten Staatsgewalt stellt. Dieser heiklen Entscheidung entzieht sich Regisseur al Massad und bleibt so ganz im Modus einer leichten Sommerkomödie, welche die Untiefen ihres Themas bewusst umschifft.

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