Blog

Gerhard Midding

London mag zwar nicht mehr die Metropole der Maßschneider sein; diesen Titel macht ihm heute vermutlich Hongkong streitig. Gleichwohl wird an der Themse das handwerkliche Ethos des individuellen, persönlichen Zuschnitts nach wie vor hoch gehalten. Was bei den Herrenausstattern der Savile Row ehrwürdige Tradition hat, könnte auch ein Konzept für die Zukunft der Lichtspielhäuser sein: nicht Kino von der Stange, sondern custom-tailored.

Gerhard Midding

Was gewisse saisonale Rituale angeht, halte ich es mit Oscar Wilde: "Gute Vorsätze sind Schecks ausgestellt auf eine Bank, bei der man kein Konto hat." Natürlich nehme auch ich mir eine Menge Dinge vor. Aber allein schon mein Arbeitsalltag ist eine kontinuierliche Lektion in Vergeblichkeit: Wann wäre ein Text schon einmal so geworden, wie ich ihn geplant oder mir erhofft habe? Zudem frage ich mich, warum man gute Vorsätze (hat man je von schlechten gehört?) zu Jahresbeginn fasst und nicht aus gegebenem Anlass, zum Beispiel nach einem Arztbesuch, einem verpassten Zug oder einer Scheidung?

Gerhard Midding

Wenn gewisse Kritiker einem Film ein linkshändiges Lob aussprechen wollen, wählen sie dafür gern den Auftakt: "Er erfindet zwar das Kino nicht neu, aber...". Natürlich gehört es zu den Anforderungen dieses Berufs, die Vorhut zu bilden: Wir müssen Kunde geben von dem Neuen. Dennoch scheint mir dieser Vorbehalt ein wenig träge. Er ist ein Passepartout, mit dem man selten falsch liegt.

Gerhard Midding

Obwohl sie letztlich unter einem guten Stern steht, lässt sich die Weihnachtsgeschichte erst einmal denkbar schlecht an. Sie steckt voller Unbill und Missgeschicke. Mitten im tiefsten Winter müssen Maria und Josef wegen einer verdrießlichen Volkszählung ihre Heimatstadt verlassen. In Bethlehem finden sie keine Herberge mehr und müssen in einem Stall übernachten. Und dann kommt Maria auch noch zur Unzeit nieder.

Gerhard Midding

Sie brauchen keine Geschenkempfehlungen zu Weihnachten mehr. Im Grunde sind Sie es sogar leid, mit derlei saisonbedingten Ratschlägen behelligt zu werden. Denn Sie haben längst schon alle Vorkehrungen getroffen, haben die passenden Bücher, DVDs oder Soundtracks für Ihre Lieben bereits gefunden.

Gerhard Midding

Die Schönheit ist im Kino nie unschuldig. Sie überstrahlt, was sie umgibt. Sie besitzt eine Macht, die alles Andere verdrängen, ausradieren kann. Nicht einmal zu denen, die sie besitzen, ist sie gerecht. Man unterschätzt sie gern, spricht ihnen andere Tugenden ab: als sei die Schönheit eine eifersüchtige Gabe, die neben sich weder Klugheit noch Talent duldet.

Gerhard Midding

Für sie bemaß sich der Wert eines Films vor allem an seinem Thema. Der Gehalt war ihr wichtig. Bewegte Schicksale vor bewegtem historischem Hintergrund interessierten sie. Nicht von Ungefähr ist eine der lebhaftesten Kinoerinnerungen, die ich mit ihr verknüpfe, der gemeinsame Besuch einer Wiederaufführung von Vom Winde verweht.

Gerhard Midding

Bei ihm geht es meist ums Ganze. Das Schicksal der Welt steht auf dem Spiel. Das war für uns Außenstehende in den letzten Jahren ein Schauspiel, an dem wir keine ungetrübte Freude haben konnten. Als Kind, das vertraute er vor langer Zeit einem befreundeten Journalisten an, hegte er globale Rettungsphantasien. Er entwickelte ein Pensum von Ritualen, die er jeden Abend vor dem Schlafengehen absolvierte: in der Hoffnung, die Welt vor der atomaren Auslöschung zu bewahren. Diese ist bislang ausgeblieben.

Gerhard Midding

Hier zu Lande wäre so etwas undenkbar - Oder können Sie sich eine deutsche Tageszeitung vorstellen, auf deren Titelseite ein Szenenfoto aus einem Schwarzweißwestern zu sehen ist, der vor fast 70 Jahren gedreht wurde? Das würde keine Chefredaktion durchgehen lassen, die sich dem Diktat der Aktualität und politisch-gesellschaftlichen Relevanz verpflichtet fühlt.

Gerhard Midding

Vor einigen Tagen besuchte ich eine Veranstaltung, bei der mich das Publikum mehr interessierte als das, was ihm an diesem Abend geboten wurde. Den Termin hatte ich mir schon lange in meinem Kalender notiert: In der Berliner "Urania" wollte ich einen Vortrag zum Thema "Laurel & Hardy und die Kunst der Zerstörung" hören. Unter dem Motto "Lachen mit Stan und Ollie" hatte offenbar schon im Frühjahr eine ähnliche Veranstaltung beträchtlichen Erfolg.