arte-Mediathek: »Machenschaften im Untergrund«

»Machenschaften im Untergrund« (Miniserie, 2023). © Mika Colleton

© Mika Colleton

Blutspur durch Paris

Die Anschläge vom 9. September 2001 schrecken auch Frankreichs Geheimdienste auf. Nervosität macht sich breit, als aus Richtung Irak Giftfässer in Bewegung gesetzt werden. Im Vierteiler »Machenschaften im Untergrund« tun sich die sonst verfeindeten französischen Geheimdienste des Militärs und des Innenministeriums zusammen, um die Bedrohung abzuwehren. Das muss noch stiller als sonst vonstattengehen, denn Frankreich und der Irak waren mal nett zueinander. Damals hatte Frankreich entgegen internationalen Vereinbarungen Chemikalien an den Irak geliefert. Düngemittel, versteht sich. Nicht etwa Chemiewaffen für den Krieg gegen die Störenfriede im Iran, wer denkt denn so was …

Frei nach dem Roman »Citoyens clandestins« des Autors DOA alias Hervé Albertazzi schrieb und inszenierte Laetitia Masson einen hochverdichteten Thriller. Spannung entsteht hier mit einfachen Tricks. Häufig hält Masson die Sequenzen kurz, belässt es manchmal bei zwei bis drei Einstellungen. Die Nachrichtendienste DST, RG, DNA, DGSE, DRM agieren neben- und gegeneinander, die junge Reporterin Amel Balhimer begibt sich mit einem altgedienten Investigativjournalisten auf Terroristensuche. Das gesamte Geheimdienstpersonal aber nimmt sich laienhaft aus neben einem Freiberufler mit Spitznamen Le Lynx, der Luchs. Der stets maskiert auftretende Bursche ist allgegenwärtig, immer mit dem nötigen Equipment ausgestattet, skrupellos. Er foltert und mordet. Um seine Bestialität zu mildern, misst Masson ihm ein Faible für Lyrik zu: die – auch motivlich eingebetteten – »Blumen des Bösen«.

Im Bemühen um ständigen Nervenkitzel nimmt die Autorin Patzer in Kauf. Der verdeckte Ermittler Karim Sayad hat es gerade fast geschafft, in ein islamistisches Ausbildungslager aufgenommen zu werden, und sich im Vorfeld als besonders fanatischer, tatendurstiger Extremist geriert, da wird er nach Paris zurückgerufen, um den Giftfässern nachzuspüren. Dort verkehrt er wieder in den vertrauten Islamistenkreisen, ohne dass die sich fragen, warum er die doch so leidenschaftlich angestrebte Ausbildung zum Terroristen abgebrochen hat.

An anderer Stelle sucht Amel Balhimer eine Moschee auf, in der konservative und extremistische Muslime verkehren. Balhimer weiß das und kommt trotz ihres marokkanischen Hintergrunds nicht auf die Idee, dass eine Frau im knallroten Minikleid dort womöglich ein klein wenig Anstoß erregt.

Vielleicht setzte die Regisseurin beim Schnitt auf Tempo, damit die Missgeschicke durch Beschleunigung des Geschehens überspielt werden. Wenn sich die Geheimdienstchefs und die Politiker – es steht eine Präsidentschaftswahl bevor – gegenseitig in die Beine grätschen, kommt einem zwangsläufig John le Carré in den Sinn. Anders als in den Romanen des verstorbenen Briten bleibt bei Masson die Korruption innerhalb der Geheimdienste und des politischen Systems pure Behauptung. Dafür versteht sie es, eine breite Blutspur zu hinterlassen. Es rollen Köpfe, auch im Wortsinne.

OmeU-Trailer

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