Disney+: »Theater Camp«

englisch © Searchlight Pictures

Hauptsache Bühne

Zu den Eckpfeilern einer amerikanischen Jugend, so wie man sie aus dem Kino kennt, gehören auch die Ferienlager, in denen Kids und Teenager ihre Sommer verbringen. Meistens unter einem ganz bestimmten Motto. Ein Lager, in dem sich sowohl die Jugendlichen als auch die Betreuer*innen mit Leib und Seele dem Musicaltheater verschrieben haben, wie hier in »Theater Camp«, ist keine bloße Fiktion. Was nicht zuletzt die Macher*innen dieser Komödie bezeugen können.

Inspiriert von eigenen Erfahrungen schrieb Schauspieler Ben Platt gemeinsam mit Noah Galvin sowie seinen Jugend- und Camp-Freund*innen Molly Gordon und Nick Lieberman (die auch die Regie übernahmen) eine Geschichte, die damit einsetzt, dass die langjährige Leiterin eines solchen Musical-Lagers ins Koma fällt. Was schon deswegen ein Problem ist, weil die Einrichtung finanziell in Schwierigkeiten steckt und niemand die Geschäfte durchblickt. Schon gar nicht ihr Sohn Troy (Jimmy Tatro), der kurzfristig einspringt.

Eine fulminante Show zum Ferienende könnte womöglich die Rettung bedeuten, doch die muss von Amos (Platt) und Rebecca-Diane (Gordon) – beide frühere Camp-Teilnehmer*innen, die jetzt als Betreuer*innen tätig sind – erst einmal geschrieben werden. Und es gibt natürlich noch diverse andere Schwierigkeiten: Die als Aushilfe angeheuerte Janet (Ayo Edebiri aus »The Bear«) hat, anders als in ihrem Lebenslauf angegeben, von Bühnenarbeit nicht die geringste Ahnung, während Techniker Glenn (Galvin) nie die Chance bekommt, sein darstellerisches Talent zu beweisen. Ganz zu schweigen davon, dass Star-Schülerin Darla plötzlich eine Filmrolle angeboten wird.

Dass »Theater Camp« zu weiten Teilen improvisatorisch entstanden ist, verwundert nicht. Der Plot ist reine Nebensache und stellt eher den Rahmen dar, der die skurrilen Dialoge und schrägen zwischenmenschlichen Interaktionen zusammenhält. Gefilmt im schon wieder aus der Mode gekommenen Mockumentary-Stil, ist der Film einerseits eine durchaus bissige Satire auf das sehr spezielle Milieu, in dem er spielt. Doch noch viel mehr ist er eine Liebeserklärung an all jene, die mit dieser Welt schon in Berührung kamen oder gar dort ihr Zuhause gefunden haben, an alle Theater-Nerds, Musical-Geeks, Möchtegern-Rampensäue und queeren Außenseiter auf der Suche nach einem Safe Space.

Ein enthusiastischeres Ensemble als das, was das hauptverantwortliche Quartett hier auf allen Altersebenen zusammengestellt hat, gab es im Filmjahr 2023 kaum zu sehen. Und auch die Gagdichte war selten höher, zumindest für alle, die einen gewissen Bezug zur Thematik haben. Umso bedauerlicher, dass auch »Theater Camp« ein Opfer dessen wurde, was sich aktuell als besorgniserregender Trend abzeichnet: Ausgerechnet die besten Indie-Komödien (siehe auch »Rye Lane«, »Dicks – The Musical« oder »Bottoms«) kommen in Deutschland gar nicht mehr ins Kino, sondern landen bestenfalls im Streaming.

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