Buch-Tipp: Elliot Page – Pageboy

Reise zum Ich

Corona als Chance, das mag für viele Menschen gelten, denen sich angesichts einer welt-verändernden Pandemie neue Wege fürs Leben eröffneten. In besonderer Weise gilt es für Elliot Page, damals Ellen, oscarnominierter Star des tragikomischen Teenage-Schwangerschafts-Dramas Juno. Denn unter der Maske, die Pages verräterisch weiblichen Züge verdeckten, wurde er von der Außenwelt so wahrgenommen, wie er sich fühlte, seit er vier Jahre alt war. Diese existenzielle Erfahrung war der Auslöser für die geschlechts- und identitätsangleichende Operation, der sich Page im Winter 2020 unterzog, und damit für das zweite Comingout als Trans, nachdem er sich 2014 als queer geoutet hatte.

In seinen Memoiren breitet Elliot Page »die Geschichte seiner Annäherung an sich selbst« aus, wie sie ähnlich wohl viele Trans-Menschen erzählen können. Wobei dieser schmerzvolle Selbstfindungsprozess durch seinen Hollywoodstar-Status, und die damit verbundene Aufmerksamkeit drastisch erschwert wurde. Andererseits entfalten die Memoiren aus demselben Grund nun besondere Strahlkraft, in einer noch immer transskeptischen bis transfeindlichen Gesellschaft: »Wut und Männlichkeit sind in unserer Gesellschaft dermaßen eng miteinander verzahnt«, schreibt Page. »Ich hoffe, ich kann in meinem Leben dazu beitragen, dass sich das ändert.« Zugleich anklagend und wütend, berührend ehrlich und entwaffnend offen, beschreibt er seinen Weg, gibt Einblicke in die Gefühle von Selbsthass, Selbstverleugnung und Identitätskrise, mit lebensbedrohlichen psychischen Folgen – Essstörungen, Selbstverletzungen, Panikattacken, Depressionen. Dem sprunghaften Weg zum doppelten Coming Out entsprechend, streut Page Rückblenden in Kindheit, Jugend und Coming of Age ein, traumatische Angriffe ebenso wie glückliche sexuelle Erfahrungen. So ist »Pageboy« ein Meilenstein auf dem Weg zu Verständnis und Toleranz in einer noch immer realitätsfremd binär organisierten Gesellschaftsstruktur, ganz besonders in Hollywood: »Ich wurde für mein Queersein bestraft, während andere, die fröhlich und in aller Öffentlichkeit Leute missbrauchen, in Schutz genommen, oder sogar gefeiert wurden.«


 

Elliot Page: Pageboy. Meine Geschichte.
S. Fischer, Frankfurt am Main 2023. 324 S., 24 €.

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