Ausstellung: Nosferatu und seine Verbindung zu den bildenden Künsten

Max Schreck als Graf Orlok

Max Schreck als Graf Orlok

Graf Orlok in Berlin

Aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums des Films von F. W. Murnau beschäftigt sich derzeit eine Ausstellung in Berlin mit den Wechselwirkungen zwischen diesem Film und den bildenden Künsten. Denn so wie »Nosferatu« von der Malerei beeinflusst war, so hinterließ er auch Spuren in der Kunstgeschichte, vor allem bei den Surrealisten, die seine halluzinatorische Qualität feierten. Ihr Vordenker André Breton notierte 1931 einen seiner Träume, in dem eine »Nosferatu-Krawatte« auftauchte. 

Hundert Jahre nach seiner Premiere ist »Nosferatu« glücklicherweise weder ein vergessenes Artefakt noch ein Museumsrelikt, dafür stehen in der Ausstellung die Arbeiten jüngerer Künstlerinnen – besonders eindrucksvoll die sechsteilige Fotoserie »Laudanum« von Tracey Moffat aus dem Jahr 1998.

Vor allem aber präsentiert die Ausstellung eine Fülle von Gemälden, Radierungen und Zeichnungen, die Einfluss auf den Film gehabt haben dürften. Besonders zahlreich sind dabei Arbeiten von Edvard Munch und Alfred Kubin vertreten.  

Wird von »Nosferatu« meist als Murnau-Film gesprochen, so lenkt die Ausstellung den Blick auf einen weiteren Kreativen: Albin Grau zeichnete als Mitinhaber der Firma Prana-Film nicht nur als Produzent verantwortlich, er war darüber hinaus Co-Autor des Drehbuchs und der Filmarchitekt, entwarf zudem zahlreiche Plakatmotive für den Film.

Die Ausstellung würdigt ihn, indem sie im ersten Raum mit diesen Plakaten beginnt und auch andere grafische Arbeiten Graus zeigt, so Werbung für das Warenhaus Tietz. Der Mitkurator Jürgen Müller erwähnt in seinem Katalogtext »die ästhetische Qualität des Drehbuchs«. Das alles schmälert nicht die Verdienste Murnaus, von dessen Arbeit kann man sich anhand seines Regiebuchs selbst ein Bild machen. Es ist in der Neuausgabe von Lotte Eisners Murnau-Monografie, erschienen 1979 beim Frankfurter Filmmuseum, als Faksimile enthalten.

Der Fokus auf Albin Grau rückt »Nosferatu« auch als kommerzielles Projekt ins Bild: Schon 1922 berichtete die »Licht-Bild-Bühne«, »dass die Werbemaßnahmen ein Mehrfaches der gesamten Herstellungskosten des Films verschlungen hatten«. Der von Albin Grau »in Gang gesetzte Werbefeldzug geriet derart aus den Fugen, dass er die Prana-Filmgesellschaft in den Konkurs trieb« (Müller).  

Schade, dass die Ausstellung bei zeitgenössischer Kunst nicht weiter ausholt, immerhin gibt es im Katalog einen Text über das Nachleben des Films in Comic und ­Graphic Novel (mit einigen Verweisen auf Fernsehproduktionen), aber ich bin mir sicher, Filmszenen auch in verschiedenen Musikvideos gesehen zu haben.

Wer es nicht nach Berlin schafft, ist mit dem Katalog gut bedient, zumal manche Bilder dort in größerem Format betrachtet werden können, so Dalis Exlibris für Bréton, und weil eine Reihe von Gemälden in der Ausstellung nur als Reproduktionen zu sehen sind. Der Katalog bietet in der ersten Hälfte sechs Aufsätze, angefangen mit einem knappen Text der Leiterin der Sammlung Scharf-Gerstenberg, Kyllikki Zacharias, die sich mit den Einflüssen des Films auf die Surrealisten auseinandersetzt. Die Produktions- und Rezeptionsgeschichte des Films wird ausführlich beleuchtet, drei Texte widmen sich der Entwicklung des Vampirismus in Literatur und Film und beleuchten speziell weibliche Vampire, während der finale Text dem Vampir in Comicstrip und Graphic Novel nachgeht. Eine Liste der Zwischentitel des Films schließt sich an, während zwischen den einzelnen Texten immer wieder viragierte Bilder aus dem Film, fotografiert aus einer Kopie, Zäsuren setzen. Der zweite Teil des Bandes folgt den sechs Räumen der Ausstellung in der Reproduktion der dort gezeigten Abbildungen – eine Augenweide.

»Phantome der Nacht – 100 Jahre Nosferatu«, bis 23.4.in der Sammlung Scharf-Gerstenberg, Berlin. Katalog im Sandstein Verlag, Dresden, 48 € (in der Ausstellung: 38 €).

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