Nicht von dieser Welt

David Bowie: Martin-Gropius-Bau, Berlin, bis 10. August, geöffnet täglich von 10–20 Uhr

Als Alien in seinem Kinodebüt, Nicolas Roegs Der Mann, der vom Himmel fiel (1976), war er brillant, die Darstellung passte nicht nur zu dem androgynen Image, das er gerade mit seiner Bühnenfigur Ziggy Stardust etabliert hatte, sondern auch zu den zahlreichen Science-Fiction-Bezügen in seinen Songs (wie schon im frühen Hit »Space Oddity«). Schaut man sich damit im Hinterkopf in der großen Bowie-Ausstellung mit ihren 300 Objekten den kleinen Raum an, der seinem Film- und Bühnenschaffen gewidmet ist, kommt einem das Gezeigte eher mager vor: Plakate von einigen seiner Filme, ein Dank von Regisseur Frank Oz aus Anlass von Die Reise ins Labyrinth, ein Hinweis darauf, dass er in den USA sieben Monate lang als »Elephant Man« auf der Bühne stand, und schließlich als dominierendes Ausstellungsobjekt in einer Vitrine ein Stiefel, den er bei seinem kurzen Auftritt als Pontius Pilatus in Martin Scorseses Die letzte Versuchung Christi trug, signiert von Bowie, Scorsese und Harvey Keitel (der im Film den Judas verkörperte). Um diese Signaturen, auf der oberen Hinterseite angebracht, halbwegs entziffern zu können, muss man sich allerdings schon ziemlich verrenken.

So bleibt es dem Besucher, der an den Filmbezügen des britischen Künstlers, geboren 1947 als David Jones, vielleicht mehr interessiert ist als an seiner Musik, selber überlassen, in den anderen Räumen nach Verbindungen zum Kino zu suchen. Da wird er dann in der Tat vielfach fündig. Das reicht von einem Eintrag in das britische Schauspielerverzeichnis aus dem Jahr 1969 über die Einflüsse klassischer deutscher Stummfilme wie Das Cabinet des Dr. Caligari und Metropolis, die sich in seinem Album »Diamond Dogs« (1974) und zumal in den stilbildenden Videoclips niederschlugen. Unter den zahlreichen Bühnenkostümen, die zu sehen sind, findet sich ein wattierter Zweiteiler aus der Ziggy-Stardust-Tour (1972), inspiriert von dem Outfit der »Droogs« aus Kubricks Uhrwerk Orange. Und zu guter Letzt findet sich auch etwas in der Berlin-Erweiterung, die diese 2013 vom Londoner Victoria and Albert Museum ausgerichtete Ausstellung (die zwischenzeitlich auch schon in Sao Paulo zu sehen war) hier erfahren hat. Bekanntlich lebte Bowie von 1976 bis 1978 in der »Frontstadt«, was durch 60 zusätzliche Exponate dokumentiert wird, nicht nur Fotos von Weggefährten, sondern auch Gemälde des Expressionisten Erich Heckel, die ihn ebenso inspirierten wie die Stadt. Dieser Raum präsentiert auch einen Briefwechsel zwischen Bowie und Marlene Dietrich. Beide spielten zwar 1978 in Schöner Gigolo, armer Gigolo, sind sich aber bei den Dreharbeiten nie begegnet, da diese in Berlin stattfanden, Marlenes Szenen aber in ihrer Pariser Wohnung gedreht wurden. Drückt sie am 2.3.1978 ihr Bedauern aus, dass sie ihn an diesem Tag nicht wie besprochen besuchen könne, antwortet er einen Monat später aus Chicago – mit ausgesuchter britischer Höflichkeit: »Please, please forgive this disgusting lapse of time to answer your delightful note. I have no excuse...«

Mit den (im Eintrittspreis inbegriffenen) Audio-Guides, die dem Besucher automatisch die entsprechenden Töne einspielen, je nachdem, wo er sich gerade befindet, ist die Ausstellung auf der Höhe der Zeit – was man von den Beschriftungen, in manchen Vitrinen rückseitig angebracht und deshalb schwer zu entziffern, nicht gerade behaupten kann. Auch für denjenigen, der ein eher partielles Interesse an Bowie hat, ist die Schau ein nachhaltiges Erlebnis, weil sie einen plastischen Eindruck von seiner Rolle als »Impulsgeber« (so der Direktor des V-&-A-Museums im Geleitwort des Katalogs) vermittelt. Bowie hat sich von unterschiedlichsten Quellen inspirieren lassen, aber daraus immer etwas Eigenständiges geschaffen.

 

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