Interview mit Alec Baldwin

Alec Baldwin

Foto: Evan Agostini/Invision/AP/Evan Agostini

Alec Baldwin In der Animationskomödie Team America – World Police wird der 56-Jährige als »bester Schauspieler der Welt« bezeichnet. Trotz des leicht ironischen Untertons: Allein schon dank seines Monologes in Glengarry Glen Ross, der eigens für ihn geschrieben wurde, gilt er als das am meisten beachtete Mitglied der insgesamt vier Baldwin-Brüder, die alle als Schauspieler tätig sind. Für seine Rolle in der Serie 30 Rock wurde er bereits dreimal mit dem Golden Globe und zweimal mit dem Emmy ausgezeichnet. Wie sich dies auf seine Filmkarriere auswirkt, erklärte er epd Film gegenüber im Interview.

epd Film: Mr. Baldwin, Verführt und verlassen ist recht ehrlich und aufschlussreich, was die Mechanismen der Filmbranche angeht. Sieht man Sie in Hollywood seither eigentlich als Nestbeschmutzer?

Alec Baldwin: Abgesehen davon, dass ich Hollywood nie als mein »Nest« bezeichnen würde, wäre es mir neu, wenn irgendwer so auf unseren Film reagiert hätte. Schon weil mutmaßlich den Leuten in der Branche herzlich egal ist, was wir da getan haben. Und tatsächlich haben wir ja auch niemanden wirklich kritisiert. Wir zeigen einfach Produzenten, die ihrem Job nachgehen, der im Übrigen seit 100 Jahren mehr oder weniger nach den gleichen Spielregeln funktioniert.

Als Künstler gehen Ihnen diese Spielregeln doch gegen den Strich, oder?

So kann man das gar nicht unbedingt sagen. Die haben ihren Job und ich habe meinen. Sicherlich kollidieren die manchmal, was Schwierigkeiten mit sich bringt. Aber was bleibt einem anderes übrig, als eben genau den Unterschied zwischen beiden Seiten zu verstehen – und sich zu arrangieren.
 

Die Meetings, die Sie im Film auf der Suche nach potenziellen Geldgebern über sich ergehen lassen müssen, sind mitunter ganz schön ernüchternd. Man hätte gedacht, dass man Ihnen als Oscar-nominiertem Star vielleicht mit mehr Respekt begegnet...

Sie müssen das anders sehen: was diese Produzenten und Investoren sagen, hat nichts mit Respektlosigkeit zu tun. Die sprechen schlicht und einfach die Wahrheit aus, eben den Maßstäben ihres Jobs entsprechend. Wenn sie sagen, sie würden keine Millionen für meinen Film springen lassen, weil ich schließlich ein Fernsehschauspieler sei, dann ist daran nichts falsch. Denn in der Tat kennt mich das Publikum heute aus den sieben Staffeln 30 Rock, in denen ich in den vergangenen Jahren zu sehen war. Dass mir diese Serienrolle nachhängen würde, war ein Risiko, dem ich mir sehr bewusst war.
 

Haben Sie es trotzdem mal bereut, sich auf ein solch langfristiges TV-Engagement eingelassen zu haben?

Gar nicht. Anders als etliche Kollegen, die ich kenne, habe ich die Arbeit beim Fernsehen nie als zweitklassig oder gar als Erniedrigung empfunden. Auch schon 2006 nicht. Nicht zuletzt deswegen, weil viele dieser Kollegen, die nie im Leben eine Serie drehen würden, zehn Filme im Jahr drehen müssen, um so viel zu verdienen, wie ich für einen Monat bei 30 Rock bekommen habe. Ganz zu schweigen davon, dass das gesamte Publikum vieler dieser Filme bei einem einzigen Autounfall ums Leben kommen könnte, so niedrig ist die Zuschauerzahl. Das ist doch ernüchternd. Und dafür all den Aufwand?
 

Welchen Aufwand meinen Sie jetzt genau?

Ich erinnere mich noch daran, wie die Sache zu Beginn meiner Karriere in den 80er Jahren lief. Da bekam ich als Schauspieler erst das Drehbuch in die Hand gedrückt, dann einen Scheck, dann mein Kostüm. Und dann konnte es losgehen. Heute heißt es meistens: hier ist die Idee für einen Film – und jetzt hilf uns bitte erst einmal, das Geld dafür aufzutreiben. Bevor da gedreht wird, muss man zunächst jede Menge Dinner mit Finanziers über sich ergehen lassen. Und kaum ist der Film im Kasten, muss man auch noch dabei helfen, ihn auf der ganzen Welt zu verkaufen! Das empfinde ich, mit Verlaub, als ziemlich viel Aufwand. Vor allem, wenn dann am Ende nur fünf Leute eine Kinokarte kaufen.
 

Sie sind ganz schön ernüchtert, was Ihren Beruf angeht...

Lassen Sie es mich so sagen: ich habe einfach erkannt, dass mein Privatleben und meine Familie einen deutlich höheren Stellenwert einnehmen als die Schauspielerei. Und ich weiß aus jahrelanger Erfahrung, dass Frus­tration ein großer Bestandteil dieses Jobs ist. Natürlich nicht, wenn man zu der Handvoll von Schauspielern gehört, die alles haben. Tom Hanks oder Daniel Day-Lewis können aus den besten Drehbüchern auswählen, mit den größten Regisseuren der Welt arbeiten und werden dafür auch noch fürstlich bezahlt. Aber davon kann bei mir und fast allen anderen Kollegen nicht die Rede sein.
 

Ist das nicht aber auch Jammern auf hohem Niveau?

In der Sache nicht. Auch ich muss Geld verdienen und mir deswegen jedes Mal aufs Neue überlegen, wie viel mir künstlerische Ambitionen wert sind. Deswegen war ja damals 30 Rock so eine wunderbare Gelegenheit. Ich musste nur jeden Morgen von Manhattan nach Queens fahren und ein paar smarte Witze reißen. Dafür konnte ich jede Nacht bei meiner Frau verbringen und hatte abends ab 18 Uhr sogar Zeit, mit James Toback essen zu gehen und Verführt und verlassen zu planen. Und verdient habe ich so viel, dass ich nicht nur bestens leben konnte, sondern nun auch den Luxus habe, in Ruhe sehen zu können, was die Zukunft bringt. Ohne faule Kompromisse einzugehen.

Das Gespräch führte Patrick Heidmann

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