Kritik zu Oskar Fischinger – Musik für die Augen

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2022
Original-Titel: 
Oskar Fischinger – Musik für die Augen
Filmstart in Deutschland: 
21.09.2023
L: 
90 Min
FSK: 
6

Mehr als nur Werbe-Ikonen: Harald Pulchs Dokumentarfilm würdigt den Pionier des deutschen Animations- und Avantgardefilms

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Der Film »Muratti und Sarotti« von 1999 erzählte die Geschichte des deutschen Animationsfilms, im Titel festgemacht an zwei Werbe-Ikonen. Während der 1918 entstandene »Sarotti-Mohr« noch in den sechziger Jahren eine der bekanntesten bundesdeutschen Werbe-Ikonen war, dürfte der Name Muratti heute nur noch wenigen Rauchern etwas sagen. Wer aber »Muratti und Sarotti« gesehen hat, wird immerhin den Namen Oskar Fischinger kennen, denn er war es, der 1934 animierte Zigaretten durchs Brandenburger Tor marschieren ließ. 

»Oskar Fischinger – Musik für die Augen« würdigt diesen Pionier des deutschen Avantgarde- und Animationsfilms auf ganz eigene Art, durch die Erzählung seiner Frau und Mitarbeiterin Elfriede. Leiden viele Dokumentarfilme darunter, dass die Aussagen einer Vielzahl von Gesprächspartnern stakkatomäßig montiert werden, kommt hier nur eine einzige Person zu Wort, ihre Aussagen ergänzen Filmausschnitte, die Chronologie wird durch Zwischentitel gegliedert.

Elfriede Fischinger, wie Oskar im hessischen Gelnhausen geboren, heiratete ihn 1932 und war fortan seine engste Mitarbeiterin. Im Gespräch erweist sie sich als enthusiastische Erzählerin. Sie hat ein gutes Gedächtnis, wenn sie die Stationen der Karriere rekonstruiert. Verschmitzt berichtet sie, wie es 1936 bei der Emigration in die USA gelang, 42 wertvolle Gemälde mitzunehmen – deklariert als »Fischingers Haushaltsgut«.

Wenn sie bemalte Pappscheiben zeigt, die als Material für »An Optical Poem« dienten, und den von Fischinger selbst konstruierten »Lumigraph«, dann vermittelt sich dem Zuschauer einiges vom Handwerklichen dieser Arbeit – Fischinger, gelernter Inge­nieur, war ein Bastler. Man fühlt sich an die Stop-Motion-Arbeiten der britischen Firma Aardman (»Shaun das Schaf«) erinnert, die ebenso mit Einzelbildschaltung arbeiten. Auch Fischinger formte bei »Muratti greift ein!« die Figuren aus Plastillin. 

Fischinger konzentrierte sich allerdings auf geometrische Formen, besonders auf Kreise, die sich zur unterlegten Musik bewegten. Neben seinen avantgardistischen Kurzfilmen machte er auch Spezialeffekte-Aufnahmen für Spielfilme – womit die Fischingers ihren Lebensunterhalt verdienten. Der Raketenstart in Fritz Langs »Frau im Mond« stammt ebenso von ihm wie das »Ich liebe Dich, Anni!« des Himmelsschreibers in der von Billie Wilder geschriebenen Komödie »Das Blaue vom Himmel«; für Disney arbeitete er an »Fantasia« mit, war aber höchst unzufrieden mit dem, was aus seinen Entwürfen wurde. So verlegte er sich später auf Ölgemälde, konnte damit aber nur durch ein Stipendium überleben.

Elfriede Fischinger starb 1999, 32 Jahre nach ihrem Ehemann. Dass die 1993 gemachten Aufnahmen erst jetzt zu einem Film montiert wurden, hat wohl mit mangelnder Würdigung hierzulande zu tun. Zwar gab es 1994 im Frankfurter Filmmuseum eine Ausstellung, aber die einzige DVD-Veröffentlichung ist 2006 in den USA erschienen; in der verdienstvollen DVD-Edition »Geschichte des deutschen Animationsfilms« findet sich gerade mal ein einziger Fischinger.

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