Kritik zu Hin und weg

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Das Sterbedrama mit Fragen zum Thema Euthanasie hat sich zu einer Art Subgenre des deutschen Films entwickelt. Hier Christian Züberts (»Lammbock«) Version mit Florian David Fitz in der Hauptrolle

Bewertung: 3
Leserbewertung
2.5
2.5 (Stimmen: 2)

Eine Fahrradtour ist eigentlich etwas Schönes. Wie in jedem Jahr treten Hannes (Florian David Fitz) und seine Frau Kiki (Julia Koschitz) mit dem befreundeten Paar Dominik (Johannes Allmayer) und Mareike (Victoria Mayer) sowie dem Frauenheld Michael (Jürgen Vogel) und Hannes' Bruder frohgemut in die Pedale. Im Vorbeifahren spiegelt sich die sonnenbeschienene Frankfurter Skyline im Main. Dass die Gruppe schnurstracks nach Südosten radelt, obwohl das von Hannes ausgesuchte Reiseziel Belgien im Nordwesten liegt, ist wohl künstlerische Freiheit. Der Vintage-Ghettoblaster auf dem Anhänger zuckert das Idyll mit Gute-Laune-Musik.

Beim ersten Zwischenstopp scheint jedoch Schluss mit lustig zu sein. Hannes' Mutter (Hannelore Elsner) heult los, als wär's ein Rudolf-Thome-Film. Mit gepresster Stimme erklärt Hannes nun, er leide an derselben unheilbaren Krankheit, an der schon sein Vater qualvoll starb. Das will er sich nicht antun. Aufgrund der liberalen Gesetzgebung ist in Belgien die Verabreichung der Todesspritze erlaubt. Seine besten Freunde sollen ihn auf seiner letzten Reise begleiten.

Der erlösende Freitod im Kreis von Verwandten und Freunden hat schon einige Regisseure zu mehr oder weniger bewegenden Filmen inspiriert. »Hin und weg« situiert sich daher in einer Art Subgenre. Doch im Gegensatz etwa zu Frederik Steiners Sterbedrama »Und morgen Mittag bin ich tot«, in dem die schmerzliche Konfrontation mit der Endlichkeit unter die Haut geht, verpacken Christian Zübert und seine Drehbuchautorin Ariane Schröder das schwere Thema in ein Feelgood-Roadmovie. Der Zuschauer wird eingeladen, sich mit Hannes' Begleitern zu identifizieren. Die sind zunächst mürrisch, lächeln aber schon bald wieder. Die Stationen in den idyllischen Städtchen auf dem Weg sind auch ausnehmend schön. Obwohl der Film kaum originelle Anknüpfungspunkte mit der Reiseroute herstellt, radelt man als Betrachter eine Weile entspannt mit.

Die Dramaturgie entwickelt sich um ein Gesellschaftsspiel, bei dem die Protagonisten überraschende Mutproben absolvieren, von denen die anderen nichts wissen. Im Angesicht des Todes ihres besten Freundes bewältigen die modisch gekleideten Radfahrer prickelnde Aufgaben wie Bungeespringen und Drogenorganisieren. Nichts gegen humorvoll gebrochene Trauerarbeit. Glaubhafte Tiefe erreichen die Figuren dabei aber nur selten. Von Florian David Fitz als Hannes ist nur wenig zu erfahren. Jürgen Vogel hat einen sehenswerten Auftritt in Frauenkleidern. Doch wenn das neospießige Paar Johannes Allmayer und Victoria Mayer sein Sexproblem im Swingerclub löst, möchte man diese Radtour am liebsten abbrechen.

Umso überraschender ist die rabenschwarze Pointe bei der Ankunft in Oostende (Spoiler). Hier erreicht der Film doch noch eine bedrückende Intensität, die leider mit einem Epilog verwässert wird, in dem die Freunde mit übergroßen Buchstaben »Hannes was here« in den Sandstrand schreiben. Irgendwie stirbt der Film aus Angst vor dem Tod.

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