Kritik zu 7 Tage in Havanna

© Alamode

Havanna mon amour: Sieben Regisseure erzählen in diesem Episodenfilm Geschichten vom Alltag und der Magie von Kubas Hauptstadt

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Der letzte Film aus Kubas Hauptstadt, der bei uns lief, war die kubanisch-spanische Koproduktion Juan of the Dead. Da hatten sich fast alle Bewohner Havannas in Zombies verwandelt, und eine Gruppe Aufrechter stellte sich ihnen entgegen. Der grobe, aber effektive Witz des Films bestand darin, dass das Blut mitunter sehr dekorativ auf Wandsprüche wie »Patria o muerte« spritzte. Die Regierung bezeichnet die Zombies als »von den USA gesteuerte Dissidenten«, und die wunderschöne heruntergekommene Stadt war die ideale Kulisse für die Parabel auf ein Land in Agonie.

Da kommt 7 Tage in Havanna schon subtiler daher. Es ist eine Liebeserklärung an die verfallene Stadt und die Lebenslust ihrer Bewohner, es geht um den Alltagskampf, um den Traum vom Abhauen – und natürlich um viel Musik, schöne Frauen, alte Straßenkreuzer und jede Menge Leidenschaft. Da läuft so manche der nach Tagen geordneten und von überwiegend spanischsprachigen Regisseuren gedrehten sieben Episoden in die Klischeefalle oder schrammt knapp daran vorbei. The first cut is the deepest: Man sollte sich aber von der vom puerto-ricanischstämmigen Schauspieler Benicio Del Toro inszenierten ersten Epsisode »El Yuma« nicht abschrecken lassen. Es ist eine Reise durch die Nacht von Havanna – mit einem Taxi, das in diesem Film eine ähnlich wichtige Rolle spielt wie in der Mutter aller Episodenfilme, Jim Jarmuschs Night on Earth. Der amerikanische Filmstudent Teddy (Josh Hutcherson), der immer einen Blick für die Schönheit kubanischer Frauen hat, wird mit den spartanischen Freuden der kubanischen Arme-Leute-Küche und einer Prostituierten konfrontiert und landet nach einem Zug durch die Gemeinde schließ lich bei einer Transe.

Juan Carlos Tabio (Erdbeer und Schokolade) ist der einzige Regisseur des Episodenfilms, der auf Kuba lebt und arbeitet. Von ihm stammt die Episode, die sich am konsequentesten dem Alltag widmet. Da geht es um die Psychologin Mirta, die in einer Fernsehshow Ratschläge gibt und sich dennoch mit Backwerk ein Zubrot verdienen muss – auch weil ihr Mann Daniel mit seinem Hang zum Alkohol keine große Stütze im Alltag ist. Aber die meisten Hauptfiguren des Films kommen als Touristen in die Stadt, wie der spanische Musikmanager (Daniel Brühl), der eine kubanische Sängerin engagieren – und ins Bett kriegen – will. Die schönsten Geschichten machen sich den Blick von außen, das Unverständnis und die Fremdheit zu eigen. Wie in einem Kokon, eingepackt in einen dicken Nebel aus Suff und persönlichen Problemen, bewegt sich der Regisseur Emir Kusturica (der sich selbst spielt) durch Havanna und freundet sich mit seinem Fahrer, der Trompete spielt, an. Distanz ist auch das Thema in Elia Suleimans »Tagebuch eine Neuankömmlings«, dem minimalistischen Meisterwerk dieses Omnibusfilms. Der israelisch-palästinensische Regisseur zeigt sich selbst und seine Umgebung immer wieder wie in einem Stilleben, das die Zeit anzuhalten scheint. Je näher er der Stadt kommt, umso ferner schaut sie zurück. Und eigentlich sollte er doch ein Interview mit Fidel Castro bekommen. Aber der redet und redet und redet im Fernsehen.

 

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