Kritik zu Zeit für Legenden

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Stephan James (»Selma«) spielt den afroamerikanischen Ausnahmeathleten Jesse Owens, der bei der Olympiade 1936 in Berlin vier Goldmedaillen gewann

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Er ist der schnellste Mann der Welt, aber er ist schwarz. Trotzdem wird er rassistischen Anfeindungen standhalten, moralische Prüfungen bestehen und bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936 vier Goldmedaillen gewinnen: Unter den Augen der Nazis, die sich, das Wortspiel sei gestattet, schwarzärgern. Im Sportlerfilm steht eine solche Dramaturgie von vornherein fest. Der mühevoll errungene Triumph des Athleten ist ein Höhepunkt. Doch wie wird der Weg dorthin geschildert? In dieser Hinsicht lässt Stephen Hopkins' »Zeit für Legenden« zu wünschen übrig.

Die Geschichte von Jesse Owens, der in einem Schwarzenviertel in Alabama aufwächst, aufgrund seiner sportlichen Leistungen ein Stipendium erhält und es vorzieht, wegen der besseren Ausbildung an einer »weißen« Universität zu studieren, bleibt holzschnittartig. Der Film hakt Momente im Leben des afroamerikanischen Ausnahmeathleten ab, ohne Tiefenschärfe zu entwickeln. Der junge Stephan James, bekannt durch eine Nebenrolle in dem Martin-Luther-King-Geschichtsdrama »Selma«, hat kaum eine Chance, sich dem privaten Jesse Owens anzunähern, der ein Mann mit Ecken und Kanten war. Dass der kettenrauchende Sprinter sich als Liftboy verdingte und mit nur 66 Jahren an Lungenkrebs starb, spart das klischeehafte Drama glatt aus.

Halbwegs sorgfältig ausgeleuchtet ist der politische Konflikt um die amerikanische Olympiateilnahme. William Hurt und Jeremy Irons spielen zwei Kontrahenten, die im Gremium wortreich darüber debattieren, ob man die Nazis boykottieren oder die amerikanischen Sportler unterstützen solle. Wenn obendrein die eigene »Community« von dem prominenten farbigen Athleten erwartet, dass er mit seinem Verzicht auf die Olympiateilnahme Werbung für ihre Antirassismuskampagne macht, dann wird in einigen Momenten spürbar, zwischen welchen Stühlen dieser Mann sitzt.

Doch die allmähliche Leistungssteigerung des Athleten und die Verfeinerung seiner Lauftechnik, normalerweise das Kerngeschäft eines Sportlerdramas, wurde in vergleichbaren Filmen schon überzeugender dargestellt. Hauptmanko dieses Biopics ist jedoch die visuelle Gestaltung. Pseudobombastische Bilder vom Campus in Ohio oder dem vollbesetzten Berliner Olympiastadion sollen den Zuschauer in die 30er Jahre zurückversetzen, wirken aber aufgrund des uninspirierten CGI-Einsatzes auf eine gespenstische Art künstlich. Die kolportagehafte Darstellung der Nazis ist sogar unfreiwillig komisch. Leni Riefenstahl (Carice van Houten) erklärt Jesse Owens, warum man im Dokumentarfilm schummeln darf. Und wenn es eine olympische Disziplin für die schrägste Joseph-Goebbels-Karikatur gäbe, dann hätte Barnaby Metschurat Medaillenchancen. »Zeit für Legenden« ist ein inhomogener Sportlerfilm, der das Thema weitgehend verschenkt, auf der Ziellinie aber immerhin noch einen Akzent setzt: Wenn der heimgekehrte Olympiaheld nach der Konfettiparade zur Feier im Grand Hotel als Schwarzer den Dienstboteneingang nehmen muss, dann wird das Drama um den Ausnahmesportler einen Moment lang spürbar.

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