Kritik zu Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

© 20th Century Fox

2017
Original-Titel: 
Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Filmstart in Deutschland: 
25.01.2018
L: 
115 Min
FSK: 
12

Man möchte sich lieber nicht mit ihr anlegen: Frances McDormand brilliert in Martin McDonaghs eigenwilliger tragischer Komödie als von heiligen Zorn beseelte Mutter eines Mordopfers

Bewertung: 3
Leserbewertung
4
4 (Stimmen: 1)

Der Film kommt wohl genau zur richtigen Zeit mit seiner harschen Darstellung und Anklage sexualisierter Gewalt sowie seiner Heldin, die zwar vom Schicksal schwer gebeugt, doch nicht gebrochen, sondern umso tougher ist: Frances McDormand liefert als diese Mildred Hayes eine bei aller Härte sehr feine, nuancenreiche Darstellung, wohl eine der besten ihrer Karriere.

Mildreds Wut und Bitterkeit sind schier grenzenlos. Einige Monate sind seit der Vergewaltigung und Ermordung ihrer Tochter vergangen und bislang gibt es keinen Verdächtigen. Die drei Werbetafeln des Titels stehen an einer Straße am Ortsrand von Ebbing, seit Jahren unbenutzt – Reste von Babymotiven und ein Schriftzug »Life« hängen noch als Fetzen auf den Flächen. Mil­dred mietet sie kurzerhand an und macht sie zum Medium ihrer Anklage. »Raped while dying«, »And still no arrests« und »How come, Chief Willoughby?«, lässt Mildred auf ihnen plakatieren – eine Kriegserklärung, die die vermeintlich so friedliche Kleinstadt in Aufruhr versetzt und die Abgründe in der Idylle sichtbar macht. Außer Frage steht, dass ein Cop wie das leicht dümmliche Muttersöhnchen Dixon (Sam Rockwell), der mit Vorliebe Schwarze festnimmt und auch mal misshandelt, wenn er nicht gerade Comics liest, Mildreds Hass durchaus verdient. Der direkt adressierte Willoughby, der örtliche Polizeichef (Woody Harrelson), dagegen ist ein angesehener und gewissenhafter Typ. Er geht auf Mildred zu, beteuert, er habe alles in seiner Macht Stehende getan, um den Täter zu finden. Und er eröffnet ihr, dass er an Krebs erkrankt ist. Die sture Mildred aber nimmt ihre Plakate nicht zurück, was wiederum fast alle ihre Mitbürger gegen sie aufbringt ...

Die diversen Eskalationsstufen dieser Auseinandersetzung inklusive unerwarteter Wendungen und Nebenstränge erzählt der irische Dramatiker und Regisseur Martin McDonagh in seinem dritten langen Film mit der von ihm bekannten Konfrontation von tiefschwarzer Komödie mit ernstem Drama. Noch ambitionierter aber als in »Brügge sehen ... und sterben?« und »7 Psychos« legt er es in »Three Billboards« auf hohe Filmkunst und profunde Menschlichkeit an. Das gelingt ihm zunächst sehr gut, weil er mit enormer Kühnheit ans Werk geht. Er wirft den Betrachter in ein Wechselbad der Gefühle, reizt mit messerscharf geschliffenen Dialogen zum Lachen, um schon im nächsten Augenblick mit einer tragischen Volte zu erschüttern, erschreckt mit einem Gewaltausbruch und amüsiert gleich darauf mit Skurrilität. Grausame Tatortbilder wechseln mit philosophischen Tiergesprächen, die zärtlichen Zeilen eines Abschiedsbriefs liegen akustisch über den blutigen Spuren eines Kopfschusses. Gewalt und Drastik wirken dabei nie selbstzweckhaft, nie zynisch. Während die Wendungen des Plots durchaus ins Opernhafte tendieren und die Künstlichkeit dieser amerikanischen Provinz aus der Fantasie eines Iren immer deutlicher wird, bleibt die Grundhaltung doch so geerdet wie sarkastisch: »Wenn sie sämtliche Cops mit rassistischen Tendenzen entlassen würden, blieben vielleicht drei übrig – und die wären Schwulenhasser.«

Lange Zeit halten die gut geschriebenen Figuren und ihre Darsteller die Geschichte über alle Widersprüche hinweg zusammen. So bieten neben McDormand auch Harrelson und Rockwell denkwürdige Leistungen, und auch kleinere Parts sind fein gespielt, etwa von Abbie Cornish, Peter Dinklage oder John Hawkes. Irgendwann aber nimmt das Pathos überhand, und die Virtuosität von Drehbuch und Regie drängt sich zu weit in den Vordergrund. Dass man es hier vielleicht doch nur mit cleveren Taschenspielertricks zu tun haben könnte, dieser Verdacht dämmert spätestens dann, wenn der rassistische und brutale Cop Dixon in einer Szene von exzessiver Symbolik wie Phoenix aus der Asche zu moralischer Größe aufersteht. Der Biss, mit dem »Three Billboards« zuvor von Unrecht, Gewalt und Starrsinn erzählte, wirkt nun eher zahnlos, und eine ein wenig verkrampft wirkende Versöhnlichkeit macht sich breit.

... zum Interview mit Regisseur Martin McDonagh

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