Kritik zu It's Raining Men

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Laure Calamy, der französische Star der Stunde, verstrickt sich nach ihrer Erfolgskomödie »Mein Liebhaber, der Esel & Ich« erneut in Männergeschichten – diesmal als Ehefrau, die mit Hilfe einer Dating-App den Seitensprung wagt

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Iris kann nicht klagen, eigentlich. Die Kinder entwickeln sich prächtig, ihre Zahnarztpraxis floriert und der Ehemann feiert einen beruflichen Durchbruch. Nach einem Besuch beim Osteopathen gefährlich gelockert, gesteht Iris jedoch einer Freundin spontan ihr verdrängtes Problem: kein Sex seit langer Zeit. Ein Tipp einer mitfühlenden Unbekannten für eine Dating-App, die Seitensprünge vermittelt, macht Iris neugierig. Ein hastig geknipstes Profilfoto, ein paar Klicks, und schon kommen, pling, pling, schmeichelhafte Avancen. Mit Sonnenbrille getarnt wagt sie sich zum ersten Rendezvous ins Café. Und stürzt sich dann, immer mutiger, von einem Schäferstündchen ins nächste. Was kann da schon schiefgehen?

Nicht viel, denn dieser Film will unbedingt eine leichtfüßige Komödie sein. Wo der ängstliche Zuschauer anfangs über der Zahnärztin das Damoklesschwert von ­Gewalt und Chaos schweben sieht wie ihren Bohrer über ihren verschreckten Patienten, entwickelt sich ihre Entdeckungsreise ­stattdessen zur burlesken »éducation sentimentale«. 

Statt als Softporno inszeniert Regisseurin Caroline Vignal, mit weiblichem Fingerspitzengefühl, Iris' horizontale Abenteuer als einen Reigen der unter die Haut gehenden Berührungen – etwas, das Iris in ihrem ereignislosen Ehebett ebenso vermisst wie das Begehren und das Begehrtwerden. 

Laure Calamy ist als Frau, die einen zweiten Frühling erlebt, ebenso herzig wie in Vignals Erfolgskomödie »Mein Liebhaber, der Esel & Ich«, in der sie sich, entwaffnend kopflos, ihrem verheirateten Liebhaber in dessen Familienurlaub an die Fersen heftete. Und wenn die strahlende Iris mit ihrem wiederentdeckten juvenilen Draufgängertum ihre allzu braven Teenagertöchter brüskiert, ist dies ein unerwarteter Aha-Moment.

So ist diese Komödie einerseits eine leidlich unterhaltsame und nie vulgäre Variante des im französischen Kino so oft durchdeklinierten Ehebruch-Themas. Wo zuletzt in der Dramödie »Tagebuch einer Pariser Affäre« das Verlieben die größte Gefahr darstellte, ist es hier die Sucht nach Likes und, nun ja, Frischfleisch – was in einer Musicalszene mit dem aufgekratzten »It's raining men«-Ohrwurm verdichtet wird. Dennoch können der komödiantische Drive und die Kapriolen der traumtänzerischen Heldin nicht verdecken, dass auch die Handlung bald an Bodenhaftung verliert. Unglaubwürdig sind nicht nur die supernetten und pflegeleichten Liebhaber und Iris' Beziehung zum nichtsahnenden Ehemann, wobei das Happy End fast krampfhaft altbacken wirkt.

Von Akt zu Akt will der Film anstelle einer Moralpredigt eine Lektion sein, mit der Iris lernt, ihre Bedürfnisse zu erkennen und deren Erfüllung selbst in die Hand zu nehmen. Die augenzwinkernde Botschaft weiblicher Selbstermächtigung aber ist eingebettet in eine märchenhaft geschönte Welt, in der die Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern weitgehend ignoriert werden. Gerade in einer feministisch angehauchten Komödie ist dieses Sich-dumm-Stellen hinsichtlich der Gefahren, die weiblichen Libertins drohen, auch ärgerlich.

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