Kritik zu Mein neues bestes Stück

© Concorde Filmverleih

Enddreißigerin Jeanne wacht in der französischen Körpertauschkomödie eines schönen Morgens mit Gemächt zwischen den Beinen auf, was ihr unverhoffte ­Einblicke in die männliche Perspektive eröffnet

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»Mein Name ist Jeanne, mein Leben ist ein Alptraum!« Ein Blick auf die zerzauste, verhuschte, eingeschüchterte Frau in den Enddreißigern genügt, um zu sehen, dass sie Hilfe braucht. Nach Trennung und anschließendem Sorgerechtsstreit um die beiden kleinen Kinder ist die Architektin in den Grundfesten ihrer Existenz erschüttert und hat der Einfachheit halber den Männern komplett abgeschworen. Anders als das Leben hält das Kino in solchen Fällen eine sehr heilsame Blitztherapie bereit, denn schließlich wäre alles erheblich einfacher, wenn man mal ein paar Stunden oder Tage die Gelegenheit hätte, sich die fremde Wahrnehmung wie ein Kostüm überzustreifen. Filme wie »SwitchDie Frau im Manne«, »17 Again« oder »Freaky Friday« haben der absurden Slapstickkomik solcher Körpertauschszenarien en passant eine Menge Wahrheiten über Klischees und Vorurteile zwischen Männern und Frauen, Alten und Jungen oder auch Teenagern und Müttern abgerungen.

Nun wird also auch die Französin Jeanne (Audrey Dana) einem nächtlich fatalen Gewitterschock ausgesetzt. Am frühen Morgen wankt sie schlaftrunken zur Toilette, pinkelt ganz selbstverständlich breitbeinig im Stehen, schüttelt sich unwillentlich, wie das sonst Männer tun, und schlurft zurück ins Bett. Aber halt: Da war doch was? Tatsächlich baumelt sehr zu ihrem Entsetzen zwischen ihren Beinen ein männliches Geschlechtsteil. Nach der ersten Panik, die sich in heftigem Grimassengezappel entlädt, erweist sich die Mutation bald als durchaus hilfreich. Schließlich verschafft sie Jeanne allerlei interessante Einblicke in die männliche Wahrnehmung und bald auch eine gewisse maskuline Autorität, die ihr nicht nur bei den Arbeitern und Handwerkern auf ihrer Baustelle ungewohnten Respekt einbringt. Alles, was Frauen an Männern sonst nervt, erfährt Jeanne am eigenen Leib, so reagiert sie beispielsweise plötzlich höchst empfindlich auf weibliche Reize in ihrem Umfeld, sei es auf der Unterwäschewerbung im Stadtraum oder bei der besten Freundin aus der Nachbarwohnung.

Aus dieser Vorlage ließe sich eine ebenso feinsinnige wie beißende Komödie machen – schließlich hat die Drehbuchautorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin Audrey Dana schon in ihrem Regiedebüt »French Women – Was Frauen wirklich wollen« mit Gender-Klischees jongliert. Aber leider setzt sie hier nur noch ordentlich eins drauf. Mit Schenkelklopferhumor, sexistischem Holzhammer und allerlei mimischen und gestischen Übertreibungen, denen vor allem Christian Clavier als vom Sachverhalt überforderter Gynäkologe frönt, zielt sie auf den eher simpel angelegten Massengeschmack. Trotzdem bereitet es im weiteren Verlauf einiges Vergnügen, dabei zuzuschauen, wie Jeanne unter dem Testosteroneinfluss zunehmend erblüht, wie das neue Selbstvertrauen sie von innen erstrahlen lässt und die kriechende Raupe zum flatternden Schmetterling wird. Wohlwollend betrachtet lässt sich der Film auch als Anleitung zur Selbstermächtigung lesen.

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