Kritik zu The Boss Baby

© 20th Century Fox

2017
Original-Titel: 
The Boss Baby
Filmstart in Deutschland: 
30.03.2017
L: 
86 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Geschwisterrivalität bildet die Ausgangsidee des neuen Animationsfilms von Dreamworks, der durch liebevolle Anspielungen auf die Technik und Popkultur der 70er Jahre besticht

Bewertung: 3
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»Er wurde mit einem Taxi geliefert«, schildert Tim aus dem Off den Moment, an dem sein Leben als siebenjähriges, von seinen Eltern rundum versorgtes Einzelkind ein abruptes Ende fand. »Er« wurde ihm zwar von seinen Eltern als »neuer kleiner Bruder« vorgestellt, aber Tim ließ sich nichts vormachen: »Er« war in Wahrheit ein »Boss Baby«, das kaum, dass es das Haus betrat, auch schon die Macht übernahm und alle nach seiner Pfeife tanzen ließ. Ständig berief es »Meetings« ein, und das mittels Geschrei und zu jeder Tages- und Nachtzeit; immer bekam es, was es wollte, und Tims Eltern führten alle seiner Befehle aus und fanden trotzdem jeden Furz und jede Grimasse an ihm süß. Bis Tim eines Abends auf sein übliches Gute-Nacht-Ritual von Geschichtenvorlesen, Geherztwerden und Liedvorsingen vergeblich wartet. Entsetzt ruft er nach Mama und Papa, läuft ins Wohnzimmer, wo diese vorm Fernseher in die Bewusstlosigkeit geglitten sind, und fragt bang: »Sagt ihr mir nun nicht einmal mehr gute Nacht?« Dann hört er oben das »Boss Baby« telefonieren, und zwar in ganzen Sätzen.

Dass das »Boss Baby« tatsächlich ein Agent – mit einem letztlich gar nicht mal so finsteren Plan – ist, stellt hier keinen Spoiler im neuen Sinn dar; schon der Trailer lässt in dieser Hinsicht keine Zweifel. Im traditionellen Sinn aber »verdirbt« diese Plotentwicklung einige der besten Ideen, die es im Dreamworks-Animationsfilm unter Regie von Tom McGrath so gibt. Die Rivalität zwischen einem älteren Bruder, der seiner Zeit als »Alleinherrscher« hinterhertrauert, und einem Neugeborenen mit seiner in der Tat »bossigen« Bedürftigkeit als Geschichte einer »feindlichen Übernahme« zu reinterpretieren, muss den Machern von »The Boss Baby« leider offenbar als nicht ganz abendfüllend erschienen sein. Weshalb sie zusätzlich eine Spionagehandlung, eine Jagd nach dem Geheimrezept von Babymilch, eine Entführung, eine Elvis-Doppelgänger-Convention in Las Vegas und einen echten Bösewicht in den Plot einführen. Der Bösewicht stellt in seinem Unternehmen süße kleine Welpen her, um durch deren unbezwingbare Niedlichkeit immer größere Mengen der Liebe auf der Erde auf sein Konto zu buchen. Was ihm das bringt? Das wird nicht weiter ausgeführt, ebenso wie der ganze Rest der Ideen wie hingeworfen wirkt, irgendwie darauf vertrauend, dass es das Zielpublikum der Kinder schon nicht so genau nehmen wird. Hauptsache lustige Action!

Der Mangel an Sorgfalt in Handlungslogik und im »Weltenbau« führt denn auch dazu, dass »The Boss Baby« trotz relativ kurzer Dauer von 97 Minuten beträchtliche Längen aufweist. Andererseits lassen sich diese mit etwas Nachsicht auch gut überstehen, gibt es doch immer wieder Elemente, die für den Film einnehmen. Etwa dass die Handlung in den 70er Jahren angesiedelt ist, weshalb hier tatsächlich Telefone noch Hörer und Schnüre haben. Auch ein Kassettenrekorder und ein Kassettenband kommen vor. Ob die Generation von heute das überhaupt noch als Aufnahmegerät erkennen kann?

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