Kritik zu Hallelujah: Leonard Cohen, a Journey, a Song

© Prokino

2021
Original-Titel: 
Hallelujah: Leonard Cohen, a Journey, a Song
Filmstart in Deutschland: 
17.11.2022
L: 
115 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Über Leonard Cohen gibt es viele Filme. Diese Doku konzentriert sich auf die ­Geschichte seines populärsten Songs. Und erzählt doch mehr

Bewertung: 4
Leserbewertung
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Als Bob Dylan den Nobelpreis bekam, sagten viele, die schwedische Akademie habe den Falschen ausgezeichnet. Denn der wahre Poet der Popkultur sei doch Leonard Cohen. Kann man das Genie eines so vielseitigen Dichters, über dessen Leben es knapp 20 Filme gibt, auf einen Song konzentrieren? Die erstaunliche Antwort gibt dieser Film, der es schafft, die wichtigsten biografischen Wendepunkte zu erwähnen (warum fehlt die geliebte und besungene Marianne?) und doch im Kern nur die Geschichte von »Hallelujah« zu erzählen. Dabei ist es erstaunlich, wie sich beide Geschichten ähneln, wie wechselvoll Cohens Beziehung zu seinem eigenen Lied war und wie er sich am Ende damit rettete. 

Aber von Anfang an. Leonard Cohen schrieb jahrelang an »Hallelujah«. Tatsächlich soll es über 40 Strophen gegeben haben. Er strich und erweiterte mindestens sieben Jahre lang. Wahrscheinlich dauerte es noch länger, bis der Song dann 1984 auf dem Album »Various Positions« erschien. Als erstes Stück auf der zweiten Seite, also schon als Opener, aber eben nicht auf Seite 1. Cohen mochte den Song, war aber nicht vollständig überzeugt davon. Dabei war ihm eigentlich immer klar, so eine Freundin aus frühen Tagen, dass er nichts veröffentlichen würde, das nicht gut sei. Da das Album nicht bei der großen Columbia, sondern bei einem kleinen Label, Passport, erschien, ging es zunächst unter. Und mit ihm das einzigartige »Hallelujah«. Bob Dylan war der Erste, der eine Coverversion aufnahm, aber auch bei ihm wurde kein Hit daraus. Dann kam John Cale, kürzte den Song des spirituell suchenden Cohen auf provokante, nicht religiös anmutende Stellen zusammen und erlangte schon mehr Aufmerksamkeit. Zum absoluten Hit wurde »Hallelujah« erst, als ein relativ unbekannter Solokünstler damit auftrat. Jeff Buckley, der früh verstorbene Sohn des früh verstorbenen Solokünstlers Tim Buckley, nahm eine Fassung auf, die sich in der Auswahl der Strophen auf John Cale bezog, aber als eigenständiger Song über Nacht zum Hit wurde. Unüberschaubar sind die Coverversionen, über 300 zählt man, und viele davon präsentiert der Film: von Bono, k. d. Lang, Alexandra Burke oder Rufus Wainwright bis hin zu Casting-Shows und Straßenmusikern. Eine entschärfte Version fand ihren Weg in den erfolgreichen Animationsfilm »Shrek«, und damit war »Hallelujah« zu einem Standardwerk der Popgeschichte geworden. Nur die Version von Leonard Cohen kannte kaum jemand. Denn der hatte sich zu diesem Zeitpunkt in ein Zen-Kloster zurückgezogen und veröffentlichte 8 Jahre nichts, trat nicht auf. Um dann festzustellen, dass er vom Geschäftspartner ausgeraubt worden war. Mittellos und über 70 Jahre alt, begann er von vorn, schrieb Songs, nahm Alben auf und ging auf Welttournee. Und jedes Konzert wurde ähnlich beschlossen, mit einer immer anderen Version von »Hallelujah«. »Wenn das Leben mal wieder überhaupt keinen Sinn ergibt«, so Cohen, »dann sagt man Hallelujah. Oder man erhebt die Faust. Ich versuche beides!«

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt