Kritik zu Was nicht passt, wird passend gemacht

© Senator

Eine Ruhrpott-Komödie von Peter Thorwarth

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Westfälische Mitbürger, so sagen andere, haben einen ziemlich großen Dickkopf, gepaart mit Unzugänglichkeit und Distanziertheit. Die Westfalen selbst, moralisch unterstützt vom Regisseur dieses Films, sehen das naturgemäß anders. Beharrlichkeit und Zurückhaltung sind an sich nicht pejorativ besetzt, besonders, wenn sich eine gewisse Gelassenheit im Umgang mit dem Unabänderlichen und ein gerütteltes Maß an trockenem Humor hinzu gesellen. Die Dinge sind nun mal so wie sie sind. Aber kleine Nachbesserungen am deutschen Traum, zum Beispiel vom Eigenheim oder dem großen Geld, sind erlaubt. »Was nicht passt, wird passend gemacht« lautet denn auch der treffende Titel dieses Lustspiels, das, wenn es denn so etwas wirklich gibt, dem Genre der Ruhrpott-Komödie zuzurechnen ist.

Der Titel signalisiert verschmitzten Pragmatismus, birgt aber auch eine Unsicherheit in sich. Denn nicht alles, was passend gemacht wird, fällt zur allseitigen Zufriedenheit aus. Wenn Dinge mit Gewalt in eine Ordnung gezwungen werden, geraten sie woanders womöglich durcheinander. Aus diesem Gefälle zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Intention und Resultat, bezieht der Film von Peter Thorwarth seine Komik.

Thorwarth, dessen Regiedebüt »Bang Boom Bang – Ein todsicheres Ding« trotz arger Kritikerschelte immerhin 425.000 Zuschauer in die Kinos lockte, hat sich diesmal auf das Wesentliche besonnen. Der Humor ist verhaltener geworden, nicht mehr so lärmend und vulgär, die Gags stehen immer im Dienst der Handlung. Im Mittelpunkt: der Polier Horst (Willi Thomczyck aus der RTL-Serie »Die Camper«), der zusammen mit seinen Bauarbeiter-Kollegen Kalle (Ralf Richter) und Kümmel (Hilmi Sözer) ein Fertighaus mit dem sinnigen Namen »Waldesruh« aufstellen soll. Ihr Chef ist Werner Wiesenkamp (Dietmar Bär), über dem allerdings ständig der Pleitegeier schwebt. Regelmäßige Lohnzahlungen sind darum die Ausnahmen. Doch das ist nicht das einzige Problem für die Malocher aus dem Ruhrgebiet: Eine Flieger-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg liegt im Weg. Warum nicht also von dem Fertighaus ein paar ordentliche Zentimeter absägen? Damit die Bauherren, ein wohlmeinendes Lehrer-Ehepaar auf Fahrrädern, nicht stutzig werden, muss man – und das ist eine der bestechendsten Ideen des Films – aus dem Metermaß nur ein Stück herausschneiden. Leider nur eine vorläufige Lösung: Der Architekt des Hauses hat seinen Kontroll-Besuch angekündigt. Nun kommt der ungeliebte Praktikant Philipp, gespielt von Thorwarth selbst, ins Spiel. Der Architektur-Student ändert im Nachhinein die Pläne, damit sie vom Ist-Zustand des Hauses nicht abweichen. Wenn die Wirklichkeit nicht den Plänen entspricht, müssen die Pläne der Wirklichkeit entsprechen. Ursache und Wirkung werden verkehrt, die Bauarbeiter erweisen sich als Meister der Illusion. Praktischerweise fallen die Unregelmäßigkeiten damit auf den Architekten zurück: Die Klotür ist zu schmal.

Es gibt dann noch eine Liebesgeschichte zwischen Philipp und Horsts Tochter Astrid und eine Nebenhandlung, die übrigens auf Thorwarths gleichnamigen Oscar-nominierten Kurzfilm von 1996 basiert und sich dem makabren Humor verschrieben hat. Da wird wie in Fargo eine Leiche zerkleinert, um sie in einem zu kleinen Zementloch zu verwahren. Doch Thorwarth hat mit den Coens nichts am Hut. Er düpiert die Erwartungen der Zuschauer, um dann mit einer anderen, nicht minder komischen Pointe aufzuwarten. Das braucht seine Zeit: Thorwarth baut die Gags sorgfältig und geduldig auf, um dann im richtigen Moment für befreiendes Lachen zu sorgen. Seine Figuren charakterisiert er in kleinen Vignetten, die Dialoge sind lakonisch und auf den Punkt. Und spätestens seit Jürgen von Manger wissen wir um die inhärente Komik des Ruhrpott-Dialekts. Wer allerdings meint, nur weil der Film in Unna und Hamm spielt, würden auch die sozialen Probleme der Region thematisiert, sieht sich getäuscht. Die sozialkritischen Komödien britischer Provenienz, »Ganz oder gar nicht« etwa, grüßen zwar aus der Ferne. Doch Thorwarth führt die Probleme seiner Figuren nur auf ihren Hedonismus, nicht auf gesellschaftliche Wirklichkeit zurück. Er sorgt für eineinhalb Stunden amüsante Unterhaltung. Und das ist ja auch schon was.

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