Kritik zu Love, Cecil

© Studiocanal/Arthaus

2017
Original-Titel: 
Love, Cecil
Filmstart in Deutschland: 
12.07.2018
L: 
98 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Sir Cecil Beaton schuf glamouröse Fotografien und opulente Filmsets. Lisa Immordino Vreeland versucht, das Leben des schillernden Künstlers und Dandys in Kunst zu verpacken – und hat dafür einen dankbaren Protagonisten

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Sir Cecil Beaton (1904-1980) gehört zu jenen schillernden Ausnahmekünstlern, die dafür sorgten, dass alle Welt nicht nur das Werk, sondern auch die Person dahinter beachtete. Für ein gewöhnliches Leben als ein Mensch in der großen Masse sei er nicht gemacht, hat der Fotograf, Bühnenbildner, Autor und Dandy einmal gesagt. Und auch wenn vielen heute der Name nichts mehr sagt, so kennt wohl fast jeder eines seiner Werke: eine seiner Fotografien von der jungen Queen Elisabeth II. etwa, oder von Audrey Hepburn beziehungsweise Marilyn Monroe, oder die opulenten Ausstattungen der oscarprämierten Hollywood-Filme »Gigi« (1958) und »My Fair Lady« (1964).

Lisa Immordino Vreeland (»Peggy Guggenheim – Ein Leben für die Kunst«, 2015) setzt dem außergewöhnlichen Künstler nun mit »Love, Cecil« ein weiteres Denkmal und entführt damit in die Ästhetik eines vergangenen Jahrhunderts, angefangen bei den Bildern des expressionistischen deutschen Kinos über die Goldenen 20er in den USA, die verheerenden Kriegsjahre in Europa und später in Vietnam, die üppige Staffage der Hollywood-Filme der ­ 50er- und 60-Jahre bis zu den klaren Formen und Linien der Pop-Art. 1904 in London geboren, entdeckte Beaton früh seine Liebe zu allem Schönen. Nach einer ab­gebrochenen Ausbildung versuchte er sich als Fotograf, ging in die USA, wo er bald für die »Vogue« und »Harper's Bazaar« arbeitete. Seiner Heimat blieb er während dieser Zeit immer treu, schuf sich verschiedene Landsitze, wo er mit Freunden lebte und sich künstlerisch verwirklichte. 1937 wurde er Hoffotograf der britischen Königs­familie. Kurz vorher schien seine Karriere kurzzeitig am Ende: In einer Grafik für die »Vogue« versteckte er antisemitische Anspielungen, die das Magazin dazu veranlasste, die Ausgabe größtenteils zu vernichten und Beaton fristlos zu kündigen. Er entschuldigte sich, erklärte sein Handeln mit Arroganz und Gedankenlosigkeit. Als Kriegsfotograf rehabilitierte er sich – so schrecklich und kunstvoll zugleich waren seine Fotos.

Immordino Vreeland zeigt einen zerrissenen Menschen, getrieben von all seinen Ambitionen und Talenten, der seine Homosexualität diskret behandelte, in seiner Kunst jedoch offen zur Schau trug und nie eine ernsthafte Beziehung einging. Nach seinem Tod 1980 sollen drei Fotografien in seinem Schlafzimmer gefunden worden sein: zwei von männlichen Liebhabern und eine von Greta Garbo, mit der er ebenfalls eine erotische Beziehung gehabt haben soll.

Diesem exzentrischen Künstler versucht sich Immordino Vreeland anzunähern – in Fotografien, Tagebucheinträgen, in Interviews mit Beaton und einigen wenigen noch lebenden Weggefährten wie dem Künstler David Hockney. Sie lässt auch kritische Stimmen zu Wort kommen: George Cukor etwa hört man sagen, dass er Beaton nie mochte. Das ist sicher eine Stärke des Films. Vor allem aber lebt die Dokumentation von seinem ebenso brillanten wie ambivalenten Protagonisten und von dessen vielfältiger Kunst, die bis heute nachwirkt.

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