Jubel für Sadness

Mit seinem neuen Film gelingt dem Pixarstudio nach Jahren wieder ein Animationsfilm, der überrascht, überzeugt und tatsächlich auch Erwachsene ein bisschen überwältigt
»Inside Out«

Wenn man die Grundidee zu Inside Out hört, denkt man an komplizierte Science Fiction oder die Episode aus Woody Allens Was sie schon immer über Sex wissen wollten, in der Woody als Spermium vor dem Abschuss auftritt. Der Film führt ins Innere eines kleinen Mädchens, wobei dieses "Innen" ein ungefährer Raum ist, der sowohl Bewusstsein als auch Psyche umfasst. Dieser ist ungeheuer einfallsreich gezeichnet als utopischer Ort mit fliegenden Inseln, auf denen Wesenszüge wie "Blödsinn", "Freundschaft" und "Familie" siedeln, mit einem Riesenarchiv von farbigen, kugelförmigen Erinnerungen und einer Hauptzentrale, in der Joy (Freude) das Ruder führt. Fear (Angst), Anger (Ärger) und Disgust (Ekel), alles putzige bunte Figuren verschiedener Statur, gehen ihr dabei zur Hand. Und dann gibt es noch Sadness (Traurigkeit), die blau und ständig müde ist und zuerst als ewiger Spaßverderber auftritt.

 "Ich weiß auch nicht, was sie eigentlich hier soll", sagt Joy zu Beginn über sie. Aber dann zieht das kleine Mädchen mit ihren Eltern in eine neue Stadt und erlebt darüber seine erste existentielle Krise. Ausgerechnet da geraten Joy und Sadness in einen so heftigen Streit, dass es sie aus der Hauptzentrale herauskatapultiert. Auf den Abenteuern des Rückwegs lernt Joy - und eben, ähemm, wir alle -, dass Sadness, Traurigkeit tatsächlich Wesentliches dazu beitragen kann, das kleine Mädchen, das sie navigieren, sicher durchs Leben zu schiffen. Was didaktisch klingt, ist auf ganz zauberhafte Weise veranschaulicht, mit einer solchen Fülle an Ideen, dass man sie gar nicht alle auf einmal fassen und wertschätzen kann.
 
Da gibt es den "eingebildeten Freund", ein aus Zuckerwatte, Elefantenkopfnund Katzenschwanz zusammengesetztes Fabelwesen, das halbvergessen im Gedächtnis des Mädchens herumstreunt, da gibt es das Unterbewusstsein, bewacht von zwei pedantischen Polizisten im Dauerstreit, da gibt es ein "Imaginäres" mit wundervollen Dingen wie einem Frittenwald und einen "Train of thought", für den sich die deutschen Übersetzer echt was einfallen lassen müssen.  
 
Der Applaus in Cannes für Inside Out war so stürmisch wie selten.
 

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